Der Philharmoniker Michael Schneider war als Profi zu Besuch in der berühmten “ Breiten Seite Nummer drei “ in Sinsheim, Flüchtlingsheim, den ehemaligen Messehallen.

Heute war schwer auf das Gelände zu gelangen. Andere Sicherheits Männer am Eingang trauten meinem Namensschild vom DRK Rhein Neckar nicht.
Neue Ausweiskontrolle, alle Daten werden schriftlich fixiert, Autonummer wird notiert, An und Abfahrtszeit wird auf die Minute genau protokolliert.

Wieder viel Aufmerksamkeit von vielen Flüchtlingen, auch von Gesichtern die ich noch nicht kenne. Viele helfende Hände, so viel kann ich gar nicht mit bringen um alle diesbezüglich zufriedenzustellen. Aber diesmal habe ich zwei vernünftige Instrumente mitgebracht, eine Solo und eine Bass Djembe.
Aber niemand da, es ist 18:00 Uhr und niemand ist da außer die helfenden Hände.
Ach ja, wie heißt es bei Deutschen Akademikern: Ct.
Also Cum tempore!!!
Also tauchen sie um viertel nach sechs alle auf, fünf junge Männer aus Gambia und einige aus Afghanistan.
Sagte ich, der Profi sei heute zu Besuch bei den Flüchtlingen in Sinsheim?
Heute habe ich fünf Profis aus Gambia kennen gelernt. Die fünf Gambianer kamen nicht als eingespielte Truppe nach Sinsheim. Trotzdem: so haben sie gespielt. 120 Minuten ohne Pause, hoch konzentriert und eine geballte männliche Energie.
Wollen Sie wissen wo die herkam?
Die kam aus 5000 Jahren afrikanischer Geschichte, aus dem afrikanischen Boden.
Ich habe sie hinterher gefragt, wo sie das gelernt hätten. Der – natürliche – Stimmführer der fünf Trommler antwortete: ich trommle seit 25 Jahren.
Sie ahnen, wie alt der junge Mann ist: 25 Jahre.
Diese Power Naturburschen bekommen das einfach mit auf die Welt gegeben.
Aber ich möchte meine jungen afghanischen Freunde nicht vergessen. Sie haben einen ganz anderen Trommelstil, beim Musizieren nicht so aus dem Bauch und dem Erdboden heraus.
Aber sie haben beim Musizieren eine sehr temperamentvolle und ausgelassene Freude, geradezu Lebensfreude gezeigt. Das setzte sich dann später fort bei anderen afghanischen Zuhörern, die anfingen gemeinsam zu tanzen.
25 Männer waren irgendwann im Raum versammelt. Wie schon beim letzten Jammen waren die Security Männer nicht nur Zuhörer sondern selbst trommlerisch aktiv. Nicht nur heiße Musik erfüllte den Raum, sondern auch sehr dicke Luft nach 1 Stunde Jammen ohne Pause.
Um das Schlimmste zu verhindern gab mir ein neu hinzugekommener Security Mann den Wink, doch ein Fenster ziemlich weit zu öffnen.
Dieser Hinweis ermöglichte dann ein zweistündiges Musizieren.
Das weit geöffnete Fenster lockte von draußen viele Zuhörer an und auch dort gab es einige Tänze von jungen afghanischen Männern.
Während ich versuchte laustärkemäßig mit meinem Cello mitzuhalten bei so vielen kraftvollen Trommlern, erfreute ich mich an dem ausgelassenen Temperament der vielen tanzenden afghanischen Männer, die so unbefangen und scheinbar so glücklich den Moment des Lebens spontan wahrnehmen und genießen können.
Und zum nota bene: seit heute bin ich kein Profi mehr, sondern nur noch ein Lernender.

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