Tollhaus am 5. Oktober . Michael Schneider mit seinem Cello dabei im Tollhaus Karlsruhe

 

18. Juli 2013 | 9:37 UhrKarlsruhe (bb). In intensiven Beratungen hat die Experten-Jury die Teilnehmer des am 4. und 5. Oktober im Karlsruher Kulturzentrum Tollhaus stattfindenden Finales „creole südwest – Globale Musik aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz 2013“ ermittelt. Aus 39 meist hochkarätigen Bewerbungen wurden die zehn Musikgruppen herausgefiltert, die am meisten dem creole-Gedanken entsprechen und auf hohem Niveau multistilistische und unterschiedliche kulturelle Einflüsse verbinden. So wurden das multikulturellexperimentelle Arkestra Convolt aus Mannheim, die Oriental-World-Rocker Gültekin Kaan & diVan und die Indo-Jazzer Indrajala aus Rheinland-Pfalz beziehungsweise dem Saarland und die Tübinger Formation Kallaton ausgewählt, die die sprachliche Verwandtschaft von Finnen und Ungarn musikalisch als Basis nutzt. Ein Heimspiel beim creole südwest-Finale hat die Karlsruher Band um die Singer/Songwriterin Liv, aus Freiburg kommen Ottoman Empire Soundsystem und das Elektro-Beatbox-Pop-Duo Pari San, aus Mannheim die Formation Meltem, vom Bodensee die Gruppe Stubenjazz, und aus Stuttgart reist die Balkan-Brass-Combo Volxtanz an. Zum vierten Mal wird 2013/2014 creole, der einzigartige bundesweite Wettbewerb für Globale Musik aus Deutschland ausgetragen. Die Preisträger der bundesweit sieben Regionalausscheide qualifizieren sich für das Bundesfinale »creole – Globale Musik aus Deutschland«, das im Mai 2014 im Pavillon in Hannover stattfindet.

Die Ausrichtung des Karlsruher Regionalwettbewerbs wird von den Mitgliedern des Trägerkreises creole südwest getragen, zu dem sich das Forum der Kulturen Stuttgart, das Kulturamt der Stadt Mannheim, der Verein Kultur Rhein-Neckar Ludwigshafen, das Kulturamt der Stadt Freiburg und das Kulturzentrum Tollhaus Karlsruhe zusammengeschlossen haben. Unterstützt wird creole als Projekt unter der Schirmherrschaft der Deutschen UNESCO Kommission vom Kulturamt der Stadt Karlsruhe, vom Land Baden-Württemberg sowie vom Kultursommer Rheinland-Pfalz. Die Auswahl für das creole südwest-Finale trafen Etienne Emard, der Geschäftsführer des Landesmusikrats Rheinland-Pfalz, die Kulturmanagerin Susanne Göhner und der Musiker und Weltmusikorganisator Rüdiger Oppermann.

Und hier noch ein Link über das Schlierbacher Bürgerfest im Juni dieses Jahres:

Fiesta Argentinia – Peter Seifert bittet zur Musik im Kulturbahnhof Balingen am 24.7.2013

Der Kulturbahnhof in Balingen? Kenne ich nicht. Hier gibt es nur einen Bahnhof. Noch einmal: können Sie mir sagen wo der Kulturbahnhof zu finden ist?
Ergebnis wieder gleich null.
Gut dann fahre ich eben zum Bahnhof oder zum Hauptbahnhof.
Der ist leicht zu erkennen. Es gibt einen schönen Vorplatz mit Taxis und Behindertenparkplätzen. Daneben einen Busbahnhof. Nicht zu übersehen.
Ein wunderschöner Bahnhof. Der gehört Peter Seifert, dem Veranstalter Hat sich eben noch nicht herumgesprochen, dass seit Februar 2013 der Bahnhof sich in Kultur verwandeln will.
Die Bahnhofshalle gehört von morgens sechs bis abends 20:00 Uhr den Fahrgästen.
Dann verwandelt sich die kleine Bahnhofshalle in einen Konzertsaal.
Am 24. Juli 2013 reiste der Tango Harmonika Express an. Fahrkarten mussten nicht gelöst werden.
20.00 Uhr: eine zum bersten gefüllte Bahnhofshalle. Jetzt wirkt sie viel größer mit Tischen und Bänken und einer mobilen Bühne. Das Publikum muss teilweise draußen stehend dem musikalischen Geschehen lauschen.
Aber was geschieht hier?
Tango-aber nicht argentinisch.
Blues-auf Englisch gesungen, klingt aber trotzdem sehr deutsch.
An diesem Abend alles sehr Rhythm and Bluesig.
Peter Antony am E-Piano hat einen sonoren Sub-Whoofer mitgebracht und jeder Basslauf der linken Hand klingt nach einem Turbo-Bösendorfer.
Da sich die zahlreichen Gäste an diesem Abend während des Konzertes sehr viel zu sagen haben kommt es sehr gut rüber, dass Tangoharmonika einen Touch Rhythm and Blues entwickelt, der dank Peters viriler Spieltechnik sehr funky ins Ohr geht und dem Lautstärkepegel im Publikum problemlos musikalisch Paroli bietet.
So wirkt das Mundharmonikaspiel von Uli Kieckbusch zeitweise wie ein Alibi für große Klaviersoli.
Nur bei “ Little Lady“ finden sich viele suchende Augen für die kaum sichtbare Harmonika in Ulis Mund.
In dem insgesamt großen orchestralen Sound dieses Abends war dies eine kleine Perle der akrobatischen Harmonika Musik.
Uli Kieckbusch, der Komponist aller Stücke dieses Abends, der Harmonika Virtuose und der hemmungslose Sänger der sogar Udo Lindenberg und Tom Waits in den Schatten stellt war trotzdem der Highlight dieses Abends.
Vom tiefen Bass bis in die höchsten Falsettregister: das Opern hohe C erscheint geradezu lächerlich angesichts Ulis Gesangsvermögen.
Der Mut zum hässlichen Gesang entwickelt allein dadurch schon eine traumwandlerische Schönheit eines sehr expressiven und lustvollen Gesanges. Jeder im Publikum spürt, dass hier nicht hässlich gesungen wird um genau dies zu tun, sondern um überhöht genau das Gegenteil zu erreichen. Uli Kieckbusch hat noch eine Sehnsucht. Das macht ihn sehr sympathisch, ganz gleich ob man ihn, seine Texte oder seine Musik versteht. Alle spüren: er macht nicht einfach weiter, sondern er will noch etwas. Er hat ein Ziel. Wir kennen es nicht aber: wir folgen ihm weil er, seine Musik und sein Gesang süchtig machen .
Joachim Gröschel am Schlagzeug und an der Perkussion ließ sich diesen fulminanten Abend nicht entgehen und zog kräftig mit.
Showtime ! war angesagt bei seinem fünfminütigen Schlagzeug Solo.
Wenn Joachim Gröschl sich musikalisch einmischt, dann sind 5 Minuten verdammt kurz, das „Amuse Geulle “ also viel zu klein.
Wir benamsen es jetzt auf Deutsch:
Ein heißer Abend! In jeder Hinsicht heiß. Musikalisch, menschlich und von den Temperaturen ganz zu schweigen.
Bei so viel Hitze musste der kammermusikalische Aspekt und das Feinsinnige in der Musik von Ulli Kieckbusch etwas im Hintergrund bleiben.

Tangoharmonika , das sind:
Uli Kieckbusch, Gesang, Harmonika
Peter Anthony, E-Piano
Joachim Gröschel, Schlagzeug, Percussion
Michael Schneider, Kontrabass, Cello

Yordan Kamdzhalov geht – der Musikbeamte bleibt.

Immer wenn ich in den letzten Jahren gefragt wurde, was ich mache, womit ich mein Geld verdiene, dann habe ich geantwortet: ich bin Musikbeamter.
Auf Deutsch: Angestellter der Stadt Heidelberg.
Dann fuhr ich fort: ich halte am Ende des Monats meine Hand auf um mein Geld zu kassieren und ansonsten sitze ich quasi im Büro und mache halt Musik.
(Damit gehe ich so locker um, weil ich natürlich ganz anders denke und mich ganz anders verhalte. Ich arbeite nicht sondern amüsiere mich von morgens bis abends und bekomme dafür auch noch Geld.).
Soweit so gut. Aber das dicke Ende kommt für mich jetzt doch noch.
Ein Genie verlässt Heidelberg und es steht für mich zu befürchten, dass ich noch hart auf dem Teppich lande.
30 Jahre habe ich beklagt und bemängelt, dass es keine wirklich guten Dirigenten in Deutschland gibt.
Solide und ordentlich,. Aber überaus inspirierend, das war immer ein Mangel. Also auf Deutsch gesagt: Mehr Taktschläger als Musikanten.
Das hat sich in den letzten Jahren durch die Förderung durch das Dirigenten Forum sehr verbessert und enorme Fortschritte bewirkt.
Trotzdem, ein Celibidache, oder Jonny Depp als Yordan Kamdzhalov, das ist einfach eine andere Kategorie. Also rede ich von Inspiration und kreativer Freiheit.
Nun muss ich also wieder, nachdem dieser tolle GMD uns verlassen wird, wieder in der unteren Liga der Geraden und Korrekten spielen.
Habe ich das verdient?
Womit habe ich das verdient?
Ich weiß, ich hätte mich auf eine höhere Kategorie bewerben können. Aber ich wollte ja in Heidelberg bleiben. Das ist die Lösung : wer nicht A sagt, der muss B sagen. B gleich wie bezahlen. Oder B wie B Orchester, wobei Heidelberg eigentlich ein C Orchester ist, auch wenn es nach B bezahlt wird und wir trotzdem Philharmoniker sein dürfen.
Fazit: Wer würde heute noch von Charles Lindbergh reden, wenn er nicht alleine über den Atlantik geflogen wäre.
Yordan Kamdzhalov fliegt demnächst über seinen inneren Atlantik und kann mich nicht mitnehmen . Es geht mir nicht um den Weltruhm. Den hole ich mir beim creole Weltmusikwettbewerb gemeinsam mit arkestra convolt am 5. Oktober um 20:00 Uhr im Tollhaus in Karlsruhe.
Da geht es wild und gefährlich in die musikalische Freiheit und Kreativität. Das muss ich genießen, denn in einem Jahr ist es auch in diesem Orchester mit der kreativen Freiheit vermutlich vorbei und es werden wieder Erbsen gezählt..

Michael Schneider zersägt beim creole – wettbewerb sein Cello : es geht um den Weltruhm !!!

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Michael Schneider bei der Arbeit

Wer mit dabei sein möchte ist herzlich eingeladen :  arkestra convolt spielt am Samstag den 5.10.013 ab 20 Uhr. Karten für einen einzelnen Abend kosten 12,00 EUR im Vorverkauf und 13,- EUR an der Abendkasse. Außerdem gibt es ein „Wettbewerbs-Ticket“, das an beiden Tagen gültig ist zum Preis von 18,60 EUR (Abendkasse 19,- EUR).

TOLLHAUS KARLSRUHE – Freier Kulturverein e. V.

Alter Schlachthof 35
76131 Karlsruhe

Yordan Kamdzhalov, ein Genie auf dem Weg ins Universum

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M. Schneider auf dem Weg zur Nachdenklichkeit

Die Menschheit hat immer nach den Sternen gegriffen aber gleichzeitig auch Angst vor ihnen gehabt.
Solange die Erde noch als eine Scheibe definiert wurde war klar: da sind höhere Mächte im Spiel, ein Gewitter ist eine schlechte Laune der Götter. Wir haben etwas falsch gemacht, haben uns wie kleine Kinder schlecht benommen und nun folgt die Strafe auf dem Fusse.
So sehe ich das auch immer wieder bei meinen Hunden, die bei jedem Donnerschlag so aussehen als würden sie sich fragen, was sie jetzt wieder verbrochen haben.
Aber wie die Hunde haben auch die Menschen auch ein kurzes Gedächtnis.
Zurück zur Erde als Scheibe: einmal ein Ergebnis gefunden, dann bleibt es also eine Scheibe, dann bleibt das auch so bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag.
Wir wiegen uns in Sicherheit. Bloß keine Veränderung das gibt nur Unruhe, wir bleiben jetzt dabei. Einmal entschieden ist für immer entschieden: die Erde bleibt eine Scheibe. Auch wenn Galileo Galilei das anders sieht.
Jetzt kommt Yordan Kamdzhalov ins Spiel. Und dabei denken wir an Orchester ganz im Allgemeinen nicht nur in Deutschland oder Heidelberg.
In Deutschland spielen alle Kontrabassisten eine deutsche Bogenhaltung. Die deutsche Bogenhaltung ist eigentlich eine russische. So wie die französische Bogenhaltung eigentlich eine italienische ist.
Im allgemeinen wird aber auf der deutschen Bogenhaltung im Orchester bestanden. Wer anders spielt hat in der Regel gar keine Chance, es sei denn er ist so phänomenal gut, das keinem Orchester Musiker eine andere Wahl bleibt.
Also auch hier ist die Erde eine Scheibe. Und wehe jemand kommt dann und behauptet, die Erde sei eine Kugel. Das gilt nicht nur für die deutsche, die russische, die französische oder italienische Bogenführung. Das gilt selbstverständlich auch für die Art und Weise ob ein Orchester auf deutsche Art geführt wird oder aus der Sicht eines genialen Universalisten.
Dort wo ich wohne, in Heidelberg Ziegelhausen wird zur Zeit jeder freie Fleck zugekleistert mit Farbe: Hier darf geparkt werden hier nicht hier darf nur ein Behinderter parken und dort nur eine Mutter mit Kind.
Wenn ich so Streichquartett spiele: hier spielen wir so und dort spielen wir anders und legen das genau fest so wie die Parkflächen in Heidelberg Ziegelhausen, dann ist für mich das Konzert schon vor Konzertbeginn beendet.
Oder benennen wir es etwas freundlicher: dann lege ich lieber die CD auf die ich schon kenne und ich weiß genau wann das crescendo kommt und wann das andere.
Und da sind wir schon wieder beim Universum angekommen bei den Sternen und bei Yordan Kamdzhalov.

Wir hatten anfangs bereits festgestellt, dass Sterne , der Himmel, das Universum uns Angst machen einerseits weil wir nicht wissen was danach kommt oder was dahinter steckt, andererseits weil wir es nicht beherrschen können.
Michael Schneider stimmt Yordan Kamdzhalov zu: wir wollen es nicht wissen, wir wollen es gar nicht Wir wollen uns überraschen lassen.
Wenn wir im Grab liegen, dann verändert sich für uns wesentlich nichts mehr. Beziehungsweise: es kann uns egal sein weil weil wir tot sind.
Und diesen Zustand möchte Yordan nicht schon im Leben produzieren.
Insofern ist er auch nur ein Mensch, der möchte im Leben leben und dann im Tod auch seine wohlverdiente Ruhe haben.
Aber erst dann und nicht schon vorher.

Yordan Kamdzhalov ’s geistige Innovationen erwünscht ?

Diese Frage werde ich als Heidelberger Philharmoniker nicht mehr eindeutig klären können, denn Heidelberg war für ihn nur das Einatmen, die Verschnaufpause vor dem Sprung in größere Dimensionen.
Ein genialer Visionär verlässt Heidelberg. Was ist an seiner Vision anders, was macht, unterscheidet sie von den Ideen und Vorstellungen anderer ?

Alle Philharmoniker die auch Instrumental- Lehrer sind kennen das folgende Problem:
Schüler verspielen sich, nehmen irgend einen Fingersatz der gerade bequem ist weil er so locker von der Hand geht. Nun weiß der Lehrer aber dass ein anderer Fingersatz besser ist und dass eine falsch gespielte Note so nicht bleiben kann. Aber leider hat sich dies im Gehirn des Schülers so schnell so fest manifestiert, das es eben nur ganz schwer wieder auszutreiben ist. So wirkt das, was der Lehrer als richtig erachtet als ein ganz schweres Moment im Lernprozess.
Auf Deutsch gesagt: dies quasi umzulernen (von umlernen kann ja noch gar nicht die Rede sein) bereitet dem Schüler erhebliche Schwierigkeiten.
In solchen Fällen ergeht immer eine Einladung an Schüler beide Alternativen zu lernen, dann können sie auch erst entscheiden welche tatsächlich besser ist.

Wenn ich das jetzt ganz allgemein auf eine Orchestersituation übertrage, dann müsste ich es so formulieren:
Erst nachdem wir uns mit einer Veränderung oder Innovation vertraut gemacht haben und ein wenig daran gewöhnt haben können wir entscheiden, ob die herkömmliche Schule oder das Innovative tatsächlich geeigneter und besser ist oder nicht.

Da Yordan Kamdzhalov nun so frühzeitig die höheren Weihen in aller Welt einsammeln möchte, kann diese Frage gemeinsam mit ihm und dem Philharmonischen Orchester Heidelberg nicht mehr geklärt werden.
Auch wenn die sozusagen „Betroffenen“ noch mitten im Lernprozess begriffen waren, hatte dies in der Außenwirkung beim Publikum aber schon phänomenale Auswirkungen.
Dies bewirkte zum Beispiel schon beim allerersten Sinfoniekonzert 2012, dass Stimmen aus dem Publikum mir mitteilten, dass sie unter seinem Dirigat keine Masse von Musikern mehr sehen, sondern Individuen die gemeinsam mit ihm musizieren.
Und wenn es ihm mit dem Orchester gelingt, dass in Pausen zwischen den Sätzen einer Symphonie nicht mehr gehustet wird, dann wissen wir, die wir seit vielen Jahren unter diesem Gehüstel selber leiden, welche Bedeutung dem zuzumessen ist.

Schon unser Altbundeskanzler Helmut Kohl hat immer wieder betont: wichtig ist was am Ende herauskommt.

Als ich 1991 in Paris neben meiner Tätigkeit im Orchester ein zweites Kontrabass Studium begann, da wurde ich von einem Kollegen aufgefordert dies nicht zu tun mit folgendem Satz: „bleib doch bei uns, verlass uns nicht“.
Ich wollte niemanden verlassen, sondern etwas dazu lernen.
Mein erstes Ziel war, die Unterschiede einer anderen Bogenhaltung und eine ganz andere Spielweise auf meinem Instrument kennen zu lernen.
Ob ich das hinterher auch anwenden wollte, besonders im Orchester, das war zu der Zeit noch gar nicht entschieden.
Als mir jedoch Francois Rabatth auf dem Kontrabass die Cello Suiten von Johann Sebastian Bach in der Originallage vorspielte da war es allerdings doch klar.

Nun werden wir das Ergebnis nie erfahren. Wir können nur durch unser kleines Fenster in die große weite Welt schauen und werden staunend erleben, dass dieses Konzept unseres GMD perfekt aufgehen wird.
Aber wir können auf seinen Fortgang sehr stolz sein.
Warum denn das jetzt plötzlich?
Das ist doch ganz einfach: das Heidelberger Theater war schon immer ein Sprungbrett für große Talente.
Das habe ich immer als eine ganz ganz große Qualität dieses Theaters gesehen.
So können wir uns trotzdem voller Stolz auf die eigene Schulter klopfen und sagen: dieser Jahrhundertdirigent war einer von uns. Wir durften ein Stück seines langen Weges mit ihm gehen. Darauf sind wir wirklich stolz.
Und wie schon erwähnt, wenn wir ihn als unseren Ehrendirigenten gewinnen könnten, dann könnten wir ein Stück seiner Genialität nach Heidelberg zurückholen und auch unserem Publikum damit ein ganz großes Geschenk machen.

Kennen Sie den Film mit Johnny Depp: Don Juan de Marquez ?
Der junge und sehr schöne Johnny Depp ( ich bin nicht anders herum, meine Kinder haben ihn auch immer verehrt ) spielt den Don Juan. Er glaubt so fest daran und an seine Begeisterung für die Liebe, dass er Marlon Brando als sein Psychiater und Therapeuten wieder zur Liebe bringen kann.
Dessen Ehe besteht schon lange, er steht vor der Pensionierung. Plötzlich fragt er seine Frau was sie sich wünsche wenn er aufhört zu arbeiten. Er schenkt ihr wieder Blumen und bestellt zum Diner anlässlich ihres Geburtstages eine Zigeunerkapelle.
Er hat die Liebe wiederentdeckt.

So muss es unserem Heidelberger Publikum seit Spielzeitbeginn 2012 ergangen sein. Plötzlich erlebt es Freiheit, Großzügigkeit und Liebe zur Musik und das alles dargestellt von einem jungen Johnny Depp alias Yordan Kamdzhalov.

Yordan Kamdzhalov verlässt Heidelberg – internationale Verpflichtungen rufen ihn. Michael Schneider wünscht ihm noch mehr Erfolg

Michael Schneider bedauert diesen schnellen Fortgang ausserordentlich. Yordan Kamdzhalov verirrte sich im Februar 2013 in ein Konzert mit Michael Schneider. Der spielte Bach auf dem Cello, mal richtig aber dann auch wieder sehr fremd. Für Klassiker: befremdlich, denn die trauen sich nicht, die Bachsuiten sozusagen hemmungslos zu spielen. Nach dem Konzert, das gemeinsam mit arkestra convolt der Cellomusik Johann Sebastian Bachs gewidmet war, erhielt der Cellist eine Mail von Yordan Kamdzhalov:

Mein lieber Herr Schneider,
also, das, was ich gerade mit Ihnen und Ihren Freunden erlebt habe, habe ich ehrlich gesagt nicht erwartet, es übertraf alle meine Erwartungen. Diese Freiheit, diese Spontanität, Authentizität  und Kreativität sind so berührend und sind so ein Luxus und Rarität in dem regulären Konzertleben heutzutage. Ich hatte immer Sehnsucht nach so etwas.
Das, dass  Sie sich so am Cello entfalten können, habe ich genauso nicht erwartet. Ich habe so viele  für mich neue Facetten in Ihrer Psyche und ihrem Leben miterlebt.
Ich bin ab heute Fan Ihres Ensembles und freue mich weitere ähnliche Ereignisse zu erleben.
Ihr
Kamdzhalov
Yordan Kamdzhalov
General Music Director of the City of Heidelberg   22.2.2013
Es war auch schnell abzusehen, dass der junge GMD hier nicht lange bleiben würde, denn das, wovon er in seiner Mail spricht, das ist auch seine eigene Sehnsucht. Viele Orchester sehnen sich nach einer solchen Freiheit und bekommen sie nicht. Und dass er ein grosser Musiker ist, das spiegelt die internationale Presse.

Mario Venzago ist auch nur zwei Jahre geblieben. Dann zog es ihn in die große weite Welt. Einen kleinen Hauch von seinem Weltruhm konnten wir Heidelberger wenigstens noch erhaschen, indem wir Ihn als unseren Ehrendirigenten teilweise zurückgewinnen konnten.

Ob uns das bei Yordan auch gelingen wird? Als unser Ehrendirigent könnten wir teilhaben an seinem Ruhm ?

Ein kleiner Gedankensprung und ich bin bei meiner Mutter gelandet. Sie war auch Koch Lehrerin. Sie war verheiratet mit meinem Vater. Mein Vater mochte Bratkartoffeln. Um es kurz zu machen: also sehr deutsches Essen.
Als Koch Lehrerin war sie sehr interessiert an internationaler Küche. Also jetzt nicht internationale Bratkartoffeln, seien es jetzt Pommes oder was auch immer. Ich, sein Sohn war da ganz anders gestrickt. Ich war neugierig auf alles was mir von meiner Mutter kulinarisch aus aller Welt geboten wurde.
Könnte es sein, dass ich dort die Wurzeln meiner inneren Freiheit erfahren habe?
Dabei war mein Vater in der Musik keineswegs ein Bratkartoffelngenießer.
So habe ich von meinen Eltern die Lust auf Freiheit und Großzügigkeit erlernt.
Als ich mit 14 Jahren meinem Vater mitteilte, dass wir einen Kontrabass in unserer Band benötigen, da lud er mich ein es selbst zu erlernen, dann würde ich immer gebraucht.

Es hat mir sehr geholfen, wenn auch nicht zu Internationalem Ruhm.
Um so mehr freue ich mich jetzt für Yordan Kamdzhalov.
Steht jetzt zu befürchten, dass sich viele Musiker aus dem Philharmonischen Orchester umbringen?
Weil sie in einem Philharmonischen Orchester ohne Yordan Kamdzhalov nicht leben möchten ? Müssen die jetzt verzweifelt versuchen, lebend das nächste Konzert trotz anderer Dirigenten zu erreichen?

Der Winter könnte wieder lang und kalt werden, aber zwei Opern Produktionen und mindestens drei Sinfoniekonzerte dürfen wir noch mit diesem Jahrhundertdirigenten erleben. Wenig ist nicht viel und nicht alles. Aber fünfmal darf ich als Heidelberger Philharmoniker noch im Sonnenstrahl einer Jahrhundert Sonne mich  erstrahlen lassen. Und das auch im anstehenden Winter.

So schließe ich meine Bemerkungen mit einem Zitat von Michael Ende:
Zu irgendetwas dient jeder in dieser Welt, auch wenn man ihn oft für entbehrlich hält.

Nota Bene:
Die Idee mit dem Selbstmordgedanken hat mir Joachim Lottmann gegeben.
In seinem Roman “ Zombie Nation “ schreibt er:
„Nach 1945 sind in Deutschland noch viele Menschen gestorben, weil sie sich nicht vorstellen konnten in einem Deutschland ohne Nazis zu leben.“