Der Profi zu Besuch im PHV bei den Flüchtlingen. Heute als Logopäde oder sogar als Professor ?

Heute fragt mich ein Security Mann ob ich Logopäde, Sprachlehrer oder Professor sei. So viele Berufe auf einmal für mich ?
Er kontrolliert die Berechtigungsscheine der teilnehmenden Flüchtlinge und lässt die Tür zum Unterrichtsraum offen. Er geniesst den Gratis-Deutschunterricht, ist Algerier der perfekt Italienisch spricht.
Annette, meine Partnerin im Mittwoch Kurs gibt mir sofort die Erklärung: Wer singt, der achtet mehr auf Aussprache.
Das stimmt. Seit Jahrhunderten gibt es Oper. Seit Monteverdi also hatten die Sänger Zeit, deutliche Aussprache zu üben. In dem kleinen Zeitfenster von 35 Jahren den ich opernmässig miterleben durfte, ging es immer noch um dieses Thema.
Nichts dazu gelernt ?
Keineswegs, Oper ist sui generis nicht verständlich. Am besten vorher die Handlung genau studieren. Wer es noch genauer wissen will: Textheft mitnehmen.
Das trifft auf Flüchtlinge alles nicht zu. Was sie mir irgendwann einmal erzählen wollen, das müssen sie laut und deutlich vortragen können.
Also 1. Mut zum Mitmachen. Mund auf und begeistert die Fehler rauslassen. Nur so kann der schwerhörige Lehrer Fehler in der Aussprache entdecken und verbessern.
Dann 2. ist der Sprachrhythmus für das Verstehen sehr wichtig.
Heute am Ende greift Michael Schneider noch einmal zur Gitarre und Somalia und Gambia singen alle drei Strophen vom Lied der letzten Woche mit einwandfreier, nennen wir es: perfekter Aussprache. Somalia weiß sogar besser Bescheid als Michael Schneider, der bringt die Reihenfolge der Strophen durcheinander.
“ Traritrara ….. „.
Immer wieder: alle gemeinsam und laut, dann wieder einzeln. Konzentration bitte, Somalia liest gerade für euch. Schüchternheit wird mit provokativer Begeisterung der Lehrer in Mut verwandelt.

Heute hat Michael Schneider einen Anschlag geplant:
Der Kopierer vervielfältigte den spontanen Einfall: Wilhelm Busch’s Gedicht „ Es sitzt ein Vogel auf dem Leim ….. „ muss jetzt herhalten für das Auswendiglernen. Wenn diese Gruppe noch einige Wochen zusammen bleibt, dann können alle in Deutschland, Somalia, Gambia oder wo es sie hin verschlägt ein deutsches Gedicht aufsagen und ein deutsches Lied mit allen drei Strophen trällern.

Ich habe vor Jahren während einer Fahrrad Tour durch das Peloponnes einen Griechen getroffen, der sagte mir zur Begrüssung erst einmal ein Gedicht von Goethe auf. Vielleicht reist mal ein Deutscher durch Gambia oder Somalia und hört dort ein Deutsches Gedicht und wenn er Glück hat, dann sogar das von Wilhelm Busch.

Was hat dem Security Mann so gefallen?
Das Problem, dass wir Dach mit „ ch „ aussprechen, der Dachs klingt phonetisch aber wie „ k „.
Das Chamäleon ist phonetisch aber ein „ Ka – mäleon „

Michael Schneider hat heute zum ersten mal in seinem Leben gedacht, dass er etwas kann – ohne es gelernt zu haben.
Doch, er kann noch etwas, er bittet zum Abschluss wieder zum Händchenhalten im Kreis.
Wie in dem Gedicht von Wilhelm Busch sieht er in Augen und die sind „ gluh „ die leuchten vom Feuer der momentanen Lebens- und, so das Regierungspräsidium es will auch der Wiedersehensfreude.

Sie haben bis hierher durchgehalten ? Dann lesen Sie hier noch das Gedicht im Wortlaut:

Es sitzt ein Vogel auf dem Leim,
Er flattert sehr und kann nicht heim. 
Ein schwarzer Kater schleicht herzu,
Die Krallen scharf, die Augen gluh.
 Am Baum hinauf und immer höher
 kommt er dem armen Vogel näher. Der Vogel denkt: Weil das so ist, und weil mich doch der Kater frisst,
 so will ich keine Zeit verlieren,
 will noch ein wenig quinquilieren
 und lustig pfeifen wie zuvor.
 Der Vogel, scheint mir, hat Humor.

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