Ur I rito für Kontrabass Solo von Giorgio Netti – Solist: Dario Calderone Eklat Festival Stuttgart 2016

Ur I rito ist ein halbstündiges Werk für Kontrabass Solo. Im wahrsten Sinne des Wortes: sehr neue Musik. Das Stück besteht im wesentlichen aus Flageolett Tönen und deren Doppelgriffen. Als Varianten gibt es gegriffene Töne zu denen sich alle auf den Nachbarsaiten erreichbaren Flageoletts drum herum gesellen.
In der Notation sieht dieses dreissig minütige Werk rhythmisch sehr kompliziert aus und ist beim Einstudieren ganz sicher kein Zuckerschlecken. Für den Zuhörer stellt sich diese Kompliziertheit als rhythmisch freie Musik dar, bzw. es ist nicht erkennbar, welcher und ob überhaupt ein Rhythmus gemeint ist. Insbesondere im Nachhinein bei einem Blick in die Noten. Das ist sicherlich bei Klang Musik auch gar nicht so wichtig.
Der Solist Dario Calderone las die Musik übrigens von einem iPad ab, das ihm fortlaufend die Noten scrollte. Dies war auch das besondere Problem des Zuhörers Michael Schneider. Der Blick des Solisten war 30 Minuten fokussiert auf den relativ kleinen Bildschirm des iPads.
Ich erinnere mich an Konzerte und Kurse mit Fernando Grillo, der sämtliche Werke auswendig spielte. Vergleich: ein Werk wie “ Itesi “ ist in einer acht stimmigen Partitur notiert. Dabei handelt es sich um ein Werk für Kontrabass Solo. Faszinierend war bei Grillo, dass er jeden Oberton, jedes künstliche Flageolett jederzeit haargenau wiederholen konnte. Dabei wirkten seine Aufführungen nie akademisch oder die Musik konstruiert und das lag zum größten Teil auch daran, dass er auswendig spielte und daher sozusagen „Lesefreiheit “ hatte.

Zurück zu Dario Calderone: das konzentrierte Starren auf den kleinen Bildschirm nahm dem Hörer das optische Spielvergnügen. Da fehlte eine Dimension. So galt der Respekt und die Bewunderung in erster Linie dem Fleiß des Solisten. Schön ist es bei Eklat dass auch nach diesem Konzert der Komponist anwesend war und sich nach der Aufführung dem Publikum zeigte.

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