Nationalismus – Eugen Lembergs Erklärung unseres ( nicht nur unseres ) Fremdenhasses.

Dr. Shamali Sen findet Heidelberger Steine – ein Sprachkonzert über Steine und Stolpersteine am 25.4.2014

Dr. Shamali Sen und arkestra convolt spielen, sprechen und schreiben gegen das Vergessen. Was sich in Deutschland nicht wiederholen soll, das geschieht täglich in aller Welt. Mit dabei ist die Erinnerung an Heinrich Fehrentz, der 1943 zum Tod verurteilt wurde, weil  er den englischen Feindsender gehört hat. Die Schauspielerin Katharina Quast wird die Texte unserer schriftstellerischen Neuentdeckung in Wort und Szene setzen. Es fängt bei Mobbing an, äussert sich in Fremdenhass.  Eugen  Lemberg hat schon in den sechziger Jahren in seinem zweibändigen Werk über „Nationalismus“ dessen Mechanismen offen gelegt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Eugen_Lemberg

Wo sind wir hier ? Schon wieder auf der Titanic ? Satire Magazin ? Nein, der Alltag in seinem Speed ist allzu oft schneller als ich es aufschreiben kann. Die Wahrheit, so wie ich sie sehe ist auch in Heidelberg falscher als ich es wahrnehmen kann. Fast könnte ich Tucholsky schon einen Lügner nennen, angesichts der verlogenen Wahrheit der Machthaber in Heidelberg. ( Es gibt doch gar keine Machthaber in HD, wir leben in einer Demokratie !!!!!! ).

Liegt 2014 im Jahr 1933 ? Habe ich einen Zahlendreher ? Wahrscheinlich, es ist alles nur Einbildung, ich hänge vergangenen Zeiten nach und verlege sie in die Gegenwart. Das kann man nicht machen, das ist unfair gegenüber den redlichen, ehrlichen und aufrichtigen Zeitgenossen.

Immerhin gab es  ab 1991 vier Jahre totales ( !!! ) Mobbing gegen mich, weil ich etwas dazu lernen wollte. Ich bekam von einem damaligen Kollegen wortwörtlich den folgenden Satz zu hören: „Verlass uns nicht, bleib doch bei uns“. Die Sehnsucht nach Konformität hatte schon in der NS Zeit einen hohen Preis gefordert. Die Konformitätsmechanismen bleiben, gefördert durch Entzug von Liebe und Zuwendung, beim Kind wie bei Arbeitskollegen.

Nicht nur im Jahre 2013 habe ich mich gefragt, ob ich so weit gehen will, meinen Job zu verlieren. Schon 1991 war mir klar, wenn ich wegen meines weiteren Kontrabass Studiums in Paris bei Francois Rabbath aus dem Philharmonischen Orchester Heidelberg wegen Neugier gefeuert werde, dann hätte ich das in Kauf genommen. Jetzt, kurz vor der Rente bin ich doch etwas bequem geworden. Möchte ich so kurz vor dem Rentenbeginn auf Geld verzichten, nur weil ich Heidelberger Lügen nicht mehr dulden will ?

Das war im Naziregime die gleiche Frage wie 2013. Habe ich etwas gehört, dulde ich Lügen und Ungerechtigkeit. Ja, ich tue es, weil ich in Ruhe weiterleben will. Schon unser ehemaliger Ministerpräsident Filbinger hat Germany vor Augen geführt, dass das Mainstream-Denken im Recht ist. Ist das 2013/14 anders, in unserer Demokratie ? Die Seilschaften der Macht werden sicherlich nicht die Mehrheit raus schmeissen wenn wenige eigentlich im Recht sind. Schon unser Altbundeskanzler Konrad Adenauer hat als Oberbürgermeister von Köln ganz bewusst entschieden, dass die Kölner Verwaltung ehemalige Nazis braucht, damit die Verwaltung überhaupt funktionieren kann.

Für Neugierige: Hans-Peter Schwarz :Adenauer, Der Aufstieg 1876-1952, DVA

 

Neue Nachrichten aus Berlin – dieses mal positiv. Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich !

Kommentar Gerold Gensslers zu der neuen CD von arkestra convolt:

Hallo Michael

1000Dank für die CD’s.
Ich hab nur Zeit gehabt, in die eine kurz rein zu hören, wo Du gleich als erstes Stück einen RABBATH spielst.DSC_0256
Komisch, so einen Cellosound habe ich persönlich noch nicht gehört. Liegts an dem Bassisten MS oder am Instrument oder den Saiten?
Ganz irre, die Sache
Jedenfalls mein Glückwunsch, habt Ihr fein gemacht 🙂
Viele Grüsse von Gerold

 

Und hier gleich die Antwort von Michael Schneider:

Lieber Gerold,

es liegt an Deinen verdammt guten Saiten, die so richtig Lust darauf machen, nicht nur ein neues Universum auf/in dem Instrument zu entdecken. Ich lebe täglich im Paradies, seit ich Deine Saiten spiele. Ob Bass oder Cello, ich werde einfach nicht satt.

Genssler Saiten, die musikalische Freiheit und die Ballade vom Seiltänzer Felix Fliegenbeil.

Fünf Jahre Genssler Saiten, gespielt mit einem Cellobogen. Leichte und schnelle Ansprache, satter sonor-seidener Bass Klang.

Baustellenstau und Verkehrschaos in Heidelberg machen es möglich: ich habe keine Zeit meinen eigenen Bass mit zur Aushilfe in einem anderen Orchester mit zu nehmen. Also spiele ich mit der üblich hohen Saitenlage und Pirastro Saiten auf einem mir fremden Bass. Es geht spielend leicht. Es wird zu einer lustvollen Herausforderung, mit dieser Saitenlage  und mit diesen Saiten einen mir vertraut schönen Ton hervorzubringen. Und es gelingt. Es geht mir wie dem Seiltänzer Felix Fliegenbeil in der Ballade von Michael Ende.

Auf dem Weg zur Virtuosität entwickelt Felix Fliegenbeil die Fertigkeit, auf einem immer dünneren Seil zu tanzen, bis er am Ende so virtuos sich bewegen kann, dass er gar kein Seil mehr benötigt.

So war meine letzte Begegnung mit einem anderen Bass, einer anderen Saiten Einrichtung und Pirastro Saiten. Keine Polemik, sondern die reine Wahrheit. Ein wenig Fremdeln war auch nach der zweiten Probe noch vorhanden, aber es überwiegte das Erstaunen über die Leichtigkeit nach meinem Umweg über die noch leichtere Variante: Die unerträgliche Leichtigkeit der Genssler Saiten führt zur Leichtigkeit im Umgang mit Pirastro Saiten.

Hier die dazugehörige Ballade von Michael Ende:

Die Ballade vom Seiltänzer Felix Fliegenbeil

Es war ein Tänzer auf dem Seil
mit Namen Felix Fliegenbeil.
Der größte aller Zeiten.
Das kann man nicht bestreiten.
Ihm lag nicht viel an Gut und Geld,
nichts an der Menge Gunst.
Ihm ging`s nicht um den Ruhm der Welt,
ihm ging es um die Kunst.

Schon in der Seiltänzerschule war
er bald der Beste in der Schar.
Und als ein Jahr vorüber,
war er dem Lehrer über.
Da sagte der in mildem Ton :
„Du Wunderkind, ade !
Ich kann dich nichts mehr lehren, Sohn,
drum geh´ mit Gott – doch geh´!“

So zog er in die Welt hinaus,
wohin er kam , erscholl Applaus.
Die ganze Welt bereist´ er
und suchte seinen Meister.
Doch keiner tanzte so genial
die Sprünge des Balletts
hoch droben auf dem Seil aus Stahl
und immer ohne Netz !

Da er den Meister nirgends fand,
beschloss er endlich kurzerhand,
statt andre zu begeistern
sich selber zu bemeistern.
„Mein Tanz“, sprach Felix Fliegenbeil,
„ist noch kein Meisterstück.
Zwar kann ich alles auf dem Seil,
doch ist das Seil zu dick!“

Drum spannte er von Haus zu Haus
nun einen Draht anstatt des Taus
und übte, drauf zu springen.
Das sollte bald gelingen.
Dann nahm er einen dünnern Draht
und einen dünnsten noch –
Es dauerte zwei Jahre grad,
dann konnte er´s jedoch.

Und schließlich kam das siebte Jahr,
da tanzte er auf einem Haar,
gespannt von Turm zu Turme.
Dort schritt er hin im Sturme.
Das Publikum sah schweigend zu
und hielt die Hüte fest.
Dann aber kam der letzte Clou,
der sich kaum glauben lässt:

Denn eines Tags um acht Uhr früh,
da spannt er nichts mehr zwischen sie :
Er tanzte auf der Leere,
als ob dort etwas wäre !
Hoch überm Abgrund ging er zwar
mit leichtem Tänzerschritt.
Doch weil er ohne Halt nun war,
nahm ihn ein Windstoß mit.

Wer weiß, wohin der Wind ihn trieb ?
Ein Astronom allein beschrieb,
was er im Fernrohr schaute
im Sternbild Argonaute :
Es sei, sprach er, gewiss kein Traum,
er habe ihn gesehn,
von Stern zu Stern im Himmelsraum
wie einen Tänzer gehn.
Michael Ende

 

 

 

Genssler Saiten und Yordan Kamdzhalov. Eine Spurensuche.

Sind wir aus dem Paradies vertrieben, wie es uns die Bibel erzählt?

Ich sehe das ganz anders. François Rabbath, Gerold Genssler’s Rabbath-Saiten und Yordan Kamdzhalov’s Dirigat bilden mein musikalisches Paradies auf Erden. Vollkommene Ästhetik in den Bewegungen. Menschlich musikalische Freiheit und das gepaart mit höchster Musikalität. Und gleichzeitig: Ästhetik vom Feinsten. In den Bewegungen, im Ausdruck und in der Gestaltung von Musik. Francois Rabbath hat mich gelehrt, die Haltung, beziehungsweise Lebenseinstellung eines Virtuosen zu erlangen. Das ist ein Lebensgefühl, keine Arroganz. Mit den Genssler Saiten setze ich diese Ideen spielend leicht in die Tat um. Und die Sahnehaube obendrauf auf diese Lebenseinstellung, auf diese Spielweise ist der derzeitige Generalmusikdirektor des Philhamonischen Orchesters Heidelberg.

Das Philharmonische Orchester Heidelberg. Ein Film über dieses Orchester, seinen genialen Generalmusikdirektor Yordan Kamdzhalov und unsere traumhafte Arbeitsatmosphäre.  Auf YouTube anzuschauen. Unser äußerst geliebter Konzertmeister Thierry Stöckl kommt auch ganz oft zu Wort. Er spricht über die Liebe, die Liebe zu seiner Geige und damit über die Liebe zur Musik. Traumhaft schöne Klänge dieses grandiosen Philharmonischen Orchesters sind dazwischen, zwischen den Kommentaren einiger Musiker immer wieder zu hören. Liebeserklärungen verschiedener Musiker sind zu hören, überzeugend, beeindruckend und sehr nachvollziehbar.

Auch der Generalmusikdirektor kommt zu Wort. In seinem Kommentar spiegeln sich die international wahrgenommenen Erfolge dieses Orchesters, der Premiere von Wolfgang Rihm’s Oper „Dyonisos“ , Mazeppa von Tschaikowsky, der Opernpremiere der Spielzeit 2012, sowie der Bruckner Sinfonie , die unter der Inspiration von Yordan Kamdzhalovv sich im international beachteten Bruckner Journal als einmalig bezeichnet und besprochen wieder fand. Haben die Berliner Philharmoniker unter diesen Umständen überhaupt noch etwas zu sagen, beziehungsweise haben sie noch irgend eine Bedeutung?

Wäre Yordan Kamdzhalov entschlossen gewesen, noch länger in Heidelberg zu bleiben, dann wäre diese Frage künftig ernsthaft zu diskutieren. Ich behaupte: diese Frage würde unser Generalmusikdirektor a priori ad absurdum stellen, denn er ist der Jahrhundert Dirigent.

Reisender auf dem Pfad der Nachdenklichkeit

Im Alter von 13 Jahren sass ich täglich nachmittags im Fensterrahmen meines Zimmers und übte Gitarre. Schnell wurde ich für schwul erklärt, weil ich mich nicht um Freundinnen gekümmert habe. Mit 24 Jahren bekam ich die Möglichkeit, noch Kontrabass zu studieren. Ich brach mein Lehrer-Studium in Hamburg ab und begann täglich konsequent 8 Stunden zu üben. Wieder wurde ich für verrückt erklärt, auch zunächst von meinen Eltern, besonders aber von meinen musikalischen Freunden. Denn ich hatte beschlossen ihnen zu sagen: wenn ich meine 8 Stunden geübt habe, dann können wir wieder Musik machen und Tee trinken.1991 begann ich mein zweites Kontrabass Studium bei Francois Rabbath in Paris. Diesmal wurde ich von meinen Kollegen für verrückt erklärt. Vier Jahre totales Mobbing waren das Ergebnis. 2013: meine begeisterte Unterstützung unseres derzeitigen Generalmusikdirektors beim Philharmonischen Orchester Heidelberg bewirkte ähnliche Reaktionen.

Was haben diese Etappen, diese Schnittpunkte in meinem Leben gemeinsam? Neugier. Freiheit. Innovation. Hunger. Was für große Worte von einem kleinen Solo Bassisten aus Heidelberg. Und die Moral von der Geschichte? Wen interessiert das? Im zweiten Sinfoniekonzert des Philharmonischen Orchesters Heidelberg hatten wir den Gastdirigenten John Carewe am Pult. In einer Probe erwähnte er, dass Musik immer hungrig sein muss. Das ist vermutlich das Musizieren über die schlichte Tätigkeit hinaus. Aber welcher Hunger ist das genau? Satt sind wir alle, besonders kurz vor der Rente, wenn wir alle ein paar Kilo zu viel haben. Nein, es muss ein anderer Hunger sein. Ist es der Hunger des Internationalen Bruckner Journals, das eine Aufführung unter der Leitung von Yordan Kamdzhalov als traumhafte Interpretation gelobt hat. Oder ist es die traumhafte Dynamik des Philharmonischen Orchesters Heidelberg, das bei der Dionysos Produktion so leise gespielt hat, dass es den Kritikern der Zeitschrift: „Opernwelt“ den Atem verschlagen hat, sodass sie als Produktion des Jahres 2013 bewertet wurde. Ob da die Berliner Philharmoniker vor Neid erblassen? Vermutlich kann diese Leistung nur so ein Jahrhundert Dirigent wie Yordan Kamdzhalov hervorbringen.

Ich habe bei John Carewe nachgefragt, was er genau mit der „hungrigen Musik“ meinte. Hier ein Auszug aus seiner Antwort:

“ My idea is so very simple. Most musical phrases move to a ‚high point‘ at or near the end of the phrase. So we must move the music towards that point. Then each group of phrases moves in a similar way to another (more important) high point. And so on. What I mean by being hungary is simply I want the orchestra to avoid being ’static‘, to phrase forwards. To want to ‚eat‘ the coming music!! It has nothing to do with Social Security „!!!!!!“

Wenn ich jetzt hier anderen Dirigenten Unrecht tue, dann nur aus Unkenntnis, aber nicht aus Absicht. Woher weiss ich das alles? Beziehungsweise: woher meine ich das zu wissen? Als ich noch Bottessini Kontrabass Konzerte übte, da wurde ich von meiner damaligen Schwiegermutter immer wieder mit der Frage konfrontiert: warum müssen Kontrabässe immer so hoch spielen? Als ich dann die Musik von Francois Rabbath kennen lernte und bei ihm studierte, da hörte sie eine Aufnahme von Francois Rabbath mit einem Konzert von ihm komponiert und gespielt. Eine plötzliche Kehrtwende: was ist denn das für fantastische Musik? Keine Frage: warum das so hoch sein muss! Antwort und Lösung: es sind die Klangfarben, das Timbre in der Musik. Und die Leichtigkeit. Die Rabbath Technik gibt mir die Möglichkeit dazu. Rabbath gehört auch zu den „hungrigen“ Musikern dieser Welt.

Nota bene: Den Titel dieses Artikels habe ich mir von Fritz Mühlenweg ausgeliehen. Fritz Mühlenweg hat vor ca 60 Jahren einen berühmten Jugendroman geschrieben: „In geheimer Mission durch die Wüste Gobi“. Einer seiner Erzählbände trägt den oben zitierten Titel.

 

 

Über Wert und Unwert !

Kürzlich fragte mich eine ehemalige Schülerin, ob ich ihr ihren schrecklichen Bass doch reparieren könne. Sie war bei einem namhaften Kontrabassbauer und Reparateur und der hielt ihren Bass für einen Fehlkauf und für einen hoffnungslosen Fall. Michael Schneider ist kein Kontrabassbauer, aber ein Reparateur. In erster Linie bin ich aber Musiker und sozusagen Handwerker. Und als solcher behaupte ich, dass der Wert eines Kontrabasses, beziehungsweise sein „Unwert“ von verschiedenen Standpunkten aus betrachtet werden sollte. Ich nehme einmal an, meine Erfahrung bestätigt dies, dass Geigenbauer Instrumente von ihrem Wert, beziehungsweise Verkaufs- oder Wiederverkaufswert aus betrachten. So bringt ein Bodenriss oder ein Deckenriss, oder noch schlimmer ein Stimmriss eine Wertminderung von bis zu 50 manchmal auch bis zu 100 %.

Wenn ich ein Instrument also als Wertanlage zu meiner Bereicherung betrachte, dann muss ich sehr wohl schauen auf die Anzahl der Risse und die Qualität des Instrumentes aus der Sicht eines Geigenbauers. Aus meiner Sicht ist ein Streichinstrument zunächst einmal nur eine Holzschachtel mit Saiten daran. Was ich davon erwarte, das hängt von meinen Ansprüchen ab. Mit einer einfachen, zusammen genagelten Holzkiste brauche ich mich bei den Philharmonikern in Berlin bestimmt nicht vorzustellen. Dieter Seiferling habe ich seinen Sperrholz Bass mit voller Holzdecke so eingerichtet, dass er schon seit langem besser klingt als mein teurer alter Antoniazzi Bass. Zumindest hört sich das in meinen Räumen so an. Im Konzertsaal weiß ich, dass es sich dann wieder sehr anders anhört. Wenn also der Marktwert eines Kontrabasses gleich Null ist, dann kann ich trotzdem für den Spieler das Instrument so herrichten, dass er sich mindestens wie ein kleiner Philharmoniker fühlt. Das sind bei Benutzung von Corelli, beziehungsweise Genssler Saiten und einer von mir sehr niedrig eingestellten Saitenlage, die das Spielen auf dem gesamten Griffbrett ermöglicht, alles Faktoren, die man mit dem Instrument nicht kauft, sondern sich nebenbei holen kann. Natürlich bewirken meine Bemühungen niemals, dass aus einem Kontrabass eine Stradivari Geige wird. Diese Schülerin, von der ich anfangs erzählte, die musste irgendwann einmal an dem Instrument Gefallen gefunden haben. Für mich muss ein Bass sehr ansprechend sein, in der Farbe, er muss einen Typen darstellen, denn meistens stehe ich ja alleine auf der Bühne. Und wenn ich mit den Heidelberger Philharmonikern auftrete, dann sitze ich mit meinem Bass vorne im Rampenlicht. Obige Schülerin will aber nur im Uniorchester oder in irgend einem anderen Hobbyorchester mitwirken. Da ihr irgendwas einmal optisch oder sonstiges an dem Instrument gefallen hat, wird er in dieser Hinsicht auch jetzt noch seine guten Dienste tun. Den Rest, den sie persönlich zum Spielen braucht, den holt sie sich jetzt bei mir. Wenn Sie dieses Instrument also nicht als Geldanlage gekauft hat, dann kann es durchaus noch passieren, dass dies ihr absolutes Lieblingsinstrument wird. Selbstverständlich nicht in finanzieller Hinsicht.

Aber auch für Kontrabässe gilt der uralte Spruch: jeder Topf findet auch seinen Deckel.

Scharfe Messer aus Vietnam schneiden dorthin wo ich es will. Ein gutes Reitpferd folgt dem leichtesten Druck – sagt meine Schwester. Und ich sage: Genssler Saiten sind mein Paradies auf Erden.

Genau, liebe Musiker und Musikerinnen, das wünschen wir uns von unseren Instrumenten auch. Wenn ich unserem Hund Louis das Kommando: „Sitz“ gebe, dann folgt er ruckzuck. Viel mehr kann er nicht, aber das eine Kommando geht. Aber bis das so weit war: 2000 mal muss ein Kommando für einen Hund wiederholt werden, bis er es kapiert.IMG_0396

Wie viele Jahre habe ich mich nach meinem Kontrabass strecken müssen. Ich bin immer wieder auf die Suche gegangen. Mein Fünfsaiter von Herrn Wilhelm hatte, seit ich ihn spiele einen wunderbaren Ton, aber die Ansprache war sehr wiederständig. Also lief mir Herr Gerigk aus Köln über den Weg. Seine Vibrationsentdämpfung beschleunigte dieses Instrument auf die Ansprache eines Cellos.

Wenn ich mein Instrument streiche und es kommt kein Ton heraus, bzw keine Antwort oder nicht die Antwort, die ich erwarte, dann beginne ich zu arbeiten, versuche das Ergebnis zu erzwingen. Dann arbeite ich. Ich will aber spielen.

Vago Hesshaimer hat mich den Respekt vor dem Reibungswiderstand gelehrt. Arbeite ich mit einem stumpfen Messer, dann beginne ich zu drücken. Meistens und oft gibt dann plötzlich der Widerstand nach. Und wo das Messer landet, das wissen die Betroffenen nur zu gut. Jedenfalls landet es nicht dort, wo es hingehen sollte.IMG_0372

So langsam spricht es sich herum, dass es mit den Genssler Saiten auf dem Kontrabass auch so ist. Die Rede ist von den „Rabbath„-Genssler Saiten. Sie sprechen an wie eine Geige, Blasen an den Händen beim Zupfen gehören der Vergangenheit an. Und wenn andere Bassisten ihre Saiten austauschen, dann haben die Genssler Saiten erst den richtig satten und seidigen Glanz erreicht. Weil die Saiten dünner sind als die meisten anderen ( ich kenne inzwischen nicht mehr alle ) und zehn Kilo weniger Zug haben, deswegen klingen sie keineswegs hell.IMG_0395

Auf einer CD mit der Gruppe „Tangoharmonika“ von Uli Kieckbusch ist mein Fünf-Saiter mit Genssler Saiten zu hören. Das ist der Sound, von dem ich immer geträumt habe, das ist der Klang, der mir Lust auf den Kontrabass macht. Dabei geht es nicht um mein Spiel. Das ist der Ton, der mich süchtig macht.

 

Abgesang auf ein Paradies in Heidelberg

Wer mit Yordan spielt kommt in der Welt herum.

( Wer Karl May liest, kommt in der Welt herum, springt über Kontinente, vom Rio de la Plata über den Sudan, das Land des Mahdi, bis in den Fernen Osten, von Arizona nach Damaskus und schliesslich in Welten, die nicht auf dem Planeten Erde liegen. Zitiert nach Rüdiger Schaper : Karl May – Untertan, Hochstapler, Übermensch. Siedler Verlag ).

Magie ist mit im Spiel. Da kann einer etwas, das kann man nicht lernen. Mozart und Salieri kommen uns da in den Sinn. Nennen wir es etwas salopp den Neid der Besitzlosen. Dabei hätten die es gar nicht nötig. Es wäre vermutlich äußerst langweilig, wenn alle begabungsmässig gleichgeschaltet wären. ( Siehe meinen Artikel über das Paradies und den Sündenfall ). Da dirigiert also Yordan Kamdzhalov auswendig. Das gibt ihm die Freiheit Musik zu machen, ohne den Blick auf das Papier, die Musik quasi aus sich selbst zu erschaffen. So mancher Musiker ( Musikerinnen auch) muss erst lernen damit umzugehen.

Die Menschen der DDR waren im Alltag auch so ( unfreiwillig ? ) gleichgeschaltet , dass sie nach der Wende mit dem freien Kreativkapitalismus nicht gut klar kamen. Kreativmusik im Orchester stellt also unter Yordan Kamdzhalov enorme Ansprüche an geistig musikalische Flexibilität und Breitschaft zum Risiko. Wie sagt der Engländer : no risk no fun. Ist Yordan Kamdzhalov das Risiko ? Ich habe bei ihm nicht einmal erlebt, dass er sich verschlagen hat. Das ist sogar bei großen Meistern etwas, womit sie leben müssen. Also wieder so eine Art Mischungsverhältnis zwischen Salieri und Mozart.

Nennen wir es schlicht : Teilungsverhältnis. Der Eine bekommt das Paradies auf Erden geschenkt, die anderen fühlen sich aus dem Paradies rausgeschmissen und kommen nie wieder dort hin. Aber so setzt diese Vision eine neue Idee in die Welt.

Die Idee der Erde als Kugel stiess gelinde gesagt auf wenig Gegenliebe. Jetzt stellt sich die Frage : Wie gehen die Vielen, die sogenannten „Rausgeschmissenen“ mit dem irdischen Paradiesleben dieses Einen um? Vielleicht lieben wir es, lieber im Schweiße unseres Angesichts in harter Knochenarbeit unsere Musik zu machen ? Es gibt da noch einen Spruch : wer nicht hören will muss fühlen. Aber jeder in Heidelberg hat seine eigenen Gefühlle.

Yordan Kamdzhalov geht – der Musikbeamte bleibt.

Immer wenn ich in den letzten Jahren gefragt wurde, was ich mache, womit ich mein Geld verdiene, dann habe ich geantwortet: ich bin Musikbeamter.
Auf Deutsch: Angestellter der Stadt Heidelberg.
Dann fuhr ich fort: ich halte am Ende des Monats meine Hand auf um mein Geld zu kassieren und ansonsten sitze ich quasi im Büro und mache halt Musik.
(Damit gehe ich so locker um, weil ich natürlich ganz anders denke und mich ganz anders verhalte. Ich arbeite nicht sondern amüsiere mich von morgens bis abends und bekomme dafür auch noch Geld.).
Soweit so gut. Aber das dicke Ende kommt für mich jetzt doch noch.
Ein Genie verlässt Heidelberg und es steht für mich zu befürchten, dass ich noch hart auf dem Teppich lande.
30 Jahre habe ich beklagt und bemängelt, dass es keine wirklich guten Dirigenten in Deutschland gibt.
Solide und ordentlich,. Aber überaus inspirierend, das war immer ein Mangel. Also auf Deutsch gesagt: Mehr Taktschläger als Musikanten.
Das hat sich in den letzten Jahren durch die Förderung durch das Dirigenten Forum sehr verbessert und enorme Fortschritte bewirkt.
Trotzdem, ein Celibidache, oder Jonny Depp als Yordan Kamdzhalov, das ist einfach eine andere Kategorie. Also rede ich von Inspiration und kreativer Freiheit.
Nun muss ich also wieder, nachdem dieser tolle GMD uns verlassen wird, wieder in der unteren Liga der Geraden und Korrekten spielen.
Habe ich das verdient?
Womit habe ich das verdient?
Ich weiß, ich hätte mich auf eine höhere Kategorie bewerben können. Aber ich wollte ja in Heidelberg bleiben. Das ist die Lösung : wer nicht A sagt, der muss B sagen. B gleich wie bezahlen. Oder B wie B Orchester, wobei Heidelberg eigentlich ein C Orchester ist, auch wenn es nach B bezahlt wird und wir trotzdem Philharmoniker sein dürfen.
Fazit: Wer würde heute noch von Charles Lindbergh reden, wenn er nicht alleine über den Atlantik geflogen wäre.
Yordan Kamdzhalov fliegt demnächst über seinen inneren Atlantik und kann mich nicht mitnehmen . Es geht mir nicht um den Weltruhm. Den hole ich mir beim creole Weltmusikwettbewerb gemeinsam mit arkestra convolt am 5. Oktober um 20:00 Uhr im Tollhaus in Karlsruhe.
Da geht es wild und gefährlich in die musikalische Freiheit und Kreativität. Das muss ich genießen, denn in einem Jahr ist es auch in diesem Orchester mit der kreativen Freiheit vermutlich vorbei und es werden wieder Erbsen gezählt..