Dorle Ferber zu Gast im Querklang am 29. April 2016 um 20 Uhr. Der Querklang hat einen grossen Gast: Zwischen archaischen Klängen, Neuer Musik und klangvoller Seelenmassage lebt sie das wissende Können der weisen Frauen.

Hören Sie sich das an, es öffnet die Seele weit und grosszügig: Gross und weit erlebe ich diese Klänge, meine ewige Sehnsucht, sie hat meine pubertären Träume überlebt. Träumen Sie mit in der Evangelischen Bergkirche Schlierbach am 29. April 2016 um 20 Uhr.

Der Philharmoniker Michael Schneider war als Profi zu Besuch in der berühmten “ Breiten Seite Nummer drei “ in Sinsheim, Flüchtlingsheim, den ehemaligen Messehallen.

Heute war schwer auf das Gelände zu gelangen. Andere Sicherheits Männer am Eingang trauten meinem Namensschild vom DRK Rhein Neckar nicht.
Neue Ausweiskontrolle, alle Daten werden schriftlich fixiert, Autonummer wird notiert, An und Abfahrtszeit wird auf die Minute genau protokolliert.

Wieder viel Aufmerksamkeit von vielen Flüchtlingen, auch von Gesichtern die ich noch nicht kenne. Viele helfende Hände, so viel kann ich gar nicht mit bringen um alle diesbezüglich zufriedenzustellen. Aber diesmal habe ich zwei vernünftige Instrumente mitgebracht, eine Solo und eine Bass Djembe.
Aber niemand da, es ist 18:00 Uhr und niemand ist da außer die helfenden Hände.
Ach ja, wie heißt es bei Deutschen Akademikern: Ct.
Also Cum tempore!!!
Also tauchen sie um viertel nach sechs alle auf, fünf junge Männer aus Gambia und einige aus Afghanistan.
Sagte ich, der Profi sei heute zu Besuch bei den Flüchtlingen in Sinsheim?
Heute habe ich fünf Profis aus Gambia kennen gelernt. Die fünf Gambianer kamen nicht als eingespielte Truppe nach Sinsheim. Trotzdem: so haben sie gespielt. 120 Minuten ohne Pause, hoch konzentriert und eine geballte männliche Energie.
Wollen Sie wissen wo die herkam?
Die kam aus 5000 Jahren afrikanischer Geschichte, aus dem afrikanischen Boden.
Ich habe sie hinterher gefragt, wo sie das gelernt hätten. Der – natürliche – Stimmführer der fünf Trommler antwortete: ich trommle seit 25 Jahren.
Sie ahnen, wie alt der junge Mann ist: 25 Jahre.
Diese Power Naturburschen bekommen das einfach mit auf die Welt gegeben.
Aber ich möchte meine jungen afghanischen Freunde nicht vergessen. Sie haben einen ganz anderen Trommelstil, beim Musizieren nicht so aus dem Bauch und dem Erdboden heraus.
Aber sie haben beim Musizieren eine sehr temperamentvolle und ausgelassene Freude, geradezu Lebensfreude gezeigt. Das setzte sich dann später fort bei anderen afghanischen Zuhörern, die anfingen gemeinsam zu tanzen.
25 Männer waren irgendwann im Raum versammelt. Wie schon beim letzten Jammen waren die Security Männer nicht nur Zuhörer sondern selbst trommlerisch aktiv. Nicht nur heiße Musik erfüllte den Raum, sondern auch sehr dicke Luft nach 1 Stunde Jammen ohne Pause.
Um das Schlimmste zu verhindern gab mir ein neu hinzugekommener Security Mann den Wink, doch ein Fenster ziemlich weit zu öffnen.
Dieser Hinweis ermöglichte dann ein zweistündiges Musizieren.
Das weit geöffnete Fenster lockte von draußen viele Zuhörer an und auch dort gab es einige Tänze von jungen afghanischen Männern.
Während ich versuchte laustärkemäßig mit meinem Cello mitzuhalten bei so vielen kraftvollen Trommlern, erfreute ich mich an dem ausgelassenen Temperament der vielen tanzenden afghanischen Männer, die so unbefangen und scheinbar so glücklich den Moment des Lebens spontan wahrnehmen und genießen können.
Und zum nota bene: seit heute bin ich kein Profi mehr, sondern nur noch ein Lernender.

Profis zu Besuch in der Breite Seite Nummer drei in Sinsheim am 20. April 2016.

Zunächst einmal wurde ich heute von meiner Betreuerin vom Deutschen Roten Kreuz befördert indem sie mir einen Schlüssel überreichte, der es mir ermöglicht, meine Aktivitäten und deren Dauer selbst zu bestimmen.

Als nächstes schlug sie mir vor mit den jungen Männern doch gemeinsam und nicht frontal sondern gemeinsam mit allen zu musizieren.
Michael Schneider arbeitet jetzt täglich an der Erweiterung seines Repertoires von Renaissance bis in die Moderne um sich bei seinen einstündigen Konzerten in Sinsheim nicht zu wiederholen. Also gut, hier ist ja alles möglich, lässt du dich halt darauf ein, was kann das schon werden, ein paar Trommeln und ein einsames Cello?
Doch dann wieder, wie jetzt jedes Mal war Überraschung angesagt.
Heute war anscheinend Vollversammlung.
So um die 20 junge Männer füllten den Raum, heute zur Hälfte aus Afghanistan, die anderen aus Afrika.
Kaum hatte ich ausgepackt, da saß ein junger Afrikaner neben mir und begann zu trommeln. Wir schauten uns dabei tief in die Augen und begannen zu improvisieren.
Dieses Duo erweiterte sich in wenigen Minuten zu einem großen Trommel Ensemble.
Die dann sich ergebenden drei großen Sets dauerten insgesamt 70 Minuten.
Dabei überließen die jungen Männer Michael Schneider die Vorgabe von Stimmungen oder Rhythmen.
Nach 70 Minuten ziemlich heißer Stimmung und auch vielen Zuhörern inzwischen vom Security Personal muss ich sagen, dass ich so ein beglückendes Gefühl schon erlebt habe, aber die Selbstverständlichkeit und Sinnlichkeit dieser Trommler Gemeinde mit einem einsamen Cello spiegelte mir die andere Art einer impulsiven Lebens und Spiel Kultur.
So haben meine neuen Freunde mich beschenkt, herausgefordert was ich niemandem zumuten würde: 70 Minuten freier Impulse durch Rede und Antwort in einem Dialog durch Blickkontakt und Zuhören.
Ich schenke diesen Flüchtlingen, diesen liebenswerten jungen Männern meine Liebe und meine Zeit. Aber wer beschenkt hier eigentlich wen? 70 Minuten wurden gefüllt mit intensiver Impulsivität, kraftvoller Lebensfreude und ich kann diese Sehnsucht, diese Kraft nicht richtig in Worte fassen.
Ganz klar weiß ich: mein Dank geht an meine Betreuerin vom DRK, die in ihrer wunderbar natürlichen Art einen Konsens herstellt der Allgemeingut sein sollte inmitten unseres Reichtums.

Querklang am Berghang mit Dorle Ferber: das geschieht in Heidelberg Schlierbach am 29. April 2016. Die Spurensuche des ehemaligen Abteilungsleiters der Kontrabässe im Philharmonischen Orchester Heidelberg hört nicht auf. Neugier macht immer wieder fündig: Hier: Dorle Ferber.

Dorle Ferber: Es gibt kein Geld, vielleicht ein paar Spenden des Publikums. Wenig Aussicht auf Erfolg in der Bergkirche. Sie kommt trotzdem. Michael Schneider freut sich darüber sehr. Hätte sie der “ Heidelberger Frühling “ oder “ Enjoy Jazz “ eingefangen, dann dürfte sie jetzt nicht mehr bei oder mit mir auftreten. Gelobt sei die Kleinheit im Finanziellen – nicht im Geist und der Vorstellungskraft des Unmöglichen.

Profis zu Besuch – der Philharmoniker Michael Schneider bringt seine Leser auf den neuesten Stand über die berühmte “ Breite Seite Nummer drei „.

Über den heutigen Mittwoch ist zu berichten, dass auf jeden Fall die Security Männer vollzählig anwesend waren – Sie merken schon, hier spricht der deutsche Pedant.
Die Flüchtlinge, die jungen Männer sind jedenfalls sehr wohlerzogen und hilfsbereit. Kaum verlasse ich den Wagen und beginne meine vielen Instrumente auszupacken, schon gibt es hilfreiche Hände, die mir alles abnehmen und in den Vortragsraum tragen. Das war jetzt bei jedem Besuch so. Aber in meinem Musizierraum herrscht gähnende Leere. Trotz bewölktem Himmel und nur 11° im Freien sehe ich keine Zuhörer und es wollen sich heute auch keine einfinden.
Letzte Woche noch wollte jemand unbedingt Cello lernen und ich versprach ihm, eines mit zu bringen. Und der Afrikaner der so gut Djembe spielt, das hatte er mir letzte Woche auf seinem Handy mit einem Musik Film bewiesen, der wollte heute unbedingt mit mir improvisieren mit der Djembe, die ich mitbringen sollte. Beide waren heute nicht da.
Wenn ich 20-jährige Männer aus Syrien und Afghanistan noch als Pubertisten bezeichnen darf, dann handelt es sich anscheinend tatsächlich um solche – meine eigenen Pubertisten haben sich auch öfters mit ihrem Vater verabredet und es dann schlicht weg vergessen, obwohl ich für sie gekocht hatte, beziehungsweise haben sie ganz spontan eine Verabredung abgesagt. Ich will damit sagen, ich nehme das alles sehr gelassen und bin nicht nachtragend.
Aber meine beiden Gitarrenschüler erschienen und noch ein dritter, der Syrer, Abdul Rahman.
Also beschloss ich, dass wir 120 Minuten, das sind zwei volle Stunden, Gitarrenunterricht machen.
Abdul Rahman hat sich aber noch bevor er eine Gitarre in die Hand bekam vorgestellt, dass er doch dann dreimal in der Woche Unterricht haben möchte. Ich erklärte den dreien, dass ich zu geizig sei um dreimal in der Woche nach Sinsheim zu fahren. Zweimal würde ich durchaus investieren, aber das dritte Mal müssten sie nach Heidelberg kommen.
Die Lösung für die dritte Stunde hat sich dann im Unterricht von selbst angeboten. Mir kam die Idee, dass sie die dritte Stunde selbst gemeinsam durchführen sollten, indem jeder dem anderen hilft, bis zur nächsten Unterrichtsstunde mit mir alle drei auf das gleiche Niveau zu bringen, damit wir alle auf gleichem Niveau gemeinsam in den Fortschritt starten können. Zwischendurch rief dann noch der Imam zum Gebet. Der kommt heute – ganz modern, oder wie sagt man: up to date – aus dem Handy, so als Klingelzeichen. Das hat mich an die mongolischen Mönche erinnert, die ich vorher schon erwähnt hatte.
Werde ich alt? Der Name Asim, der war gleich bei mir angekommen, aber Malikzada oder Abdulrahman, die musste ich mir erst einmal notieren und nachlesen. Ich weiss jetzt auch wieder, wie sehr sich meine jungen Freunde bemühen. Weiss aber auch, wie schwer Neues und Komplexes in ein unbetretenes Schneefeld im Gehirn zu einem leicht gangbaren Pfad umzuwandeln ist.

Der Heidelberger Frühling in Sinsheim. Flüchtlingsheim Breite Seite Nummer drei. Der Profi war wieder bei seinen Freunden zu Besuch.

Der ehemalige Abteilungsleiter der Kontrabässe im Philharmonischen Orchester Heidelberg hat sich in den letzten Jahren immer mehr vom Solo Kontrabassisten zum Solo Cellisten gewandelt. Seine wöchentlichen Konzerte umspannen ein breitgefächertes Programm von Renaissance bis Popmusik für Cello Solo.
Bis hierher dachte Michael Schneider noch, diese Cello Musik ist eigentlich für junge Menschen aus Gambia, Syrien oder Afghanistan , viel zu anstrengend. Anstrengend, weil unbekannt und wenig vertraut.
Heute bei dem schönen Wetter waren nicht allzu viele Zuhörer zu sehen.
Aber auch schon inzwischen vertraute Gesichter, darunter zwei meiner neuen Gitarren Schüler, die von mir nach dem 70-minütigen Konzert noch Gitarrenunterricht erhalten.
Es ist inzwischen so, dass ich mich daran gewöhnen muss, dass diese jungen Menschen begeistert und sehr konzentriert zuhören können.
Meine immer mal wieder gestellte Frage, ob sie noch mehr hören möchten wurde einhellig und durchgängig mit Ja beantwortet.
Nach 50 Minuten tauchte meine bekannte Frage wieder auf, die Asim, ein junger Mann aus Syrien so kommentierte: You don’t make me tired.
Das könnte dann die Running Gag Frage für die Zukunft sein.
Nein, sie sind mit klassischer Musik nicht müde zu kriegen. Ein junger Mann aus Gambia sitzt die ganze Zeit Kopf über gebeugt vor seinem Handy und guckt oder schreibt irgendetwas.
Aber nach jedem Stück gibt es besonders von ihm begeisterten Applaus und ein strahlendes Gesicht.
Danach ist sein Kopf wieder in seinem Handy verschwunden. Zwischendurch verlässt auch der eine oder andere den Raum. Na gut, denke ich, jetzt hat er doch die Nase voll, das kann ich auch gut verstehen. Aber nein, jeder von ihnen kommt wieder zurück, waren vermutlich nur mal eben telefonieren. Ich stelle immer mehr fest, dass meine neuen jungen Freunde total in Ordnung sind und sehr konzentriert bei der Sache, aber eben auf ihre Weise, an der es auch gar nichts auszusetzen gibt, ganz im Gegenteil. Korrigieren muss ich meine Vorstellungen, die ich mir so ganz insgeheim für mich gemacht hatte.
So bin ich heute, einen Tag später beim Schreiben dieses Berichtes immer noch erstaunt darüber, dass besonders die Ricercari von Gabrieli und Degli Antonii besondere begeisterte Aufmerksamkeit erhielten, ebenso wie die schnellen Sätze aus den Bach Suiten.

Cello Heidelberg – Michael Schneider – Heidelberg Kontrabass. Lyrik mit Stefan Hölscher im Rote Insel Salon am 18.3.2016

Mit dem Duo “ Lyrik-Kontra-Bass “ verbindet sich Sprache mit Musik. Musik mal begleitend oder kommentierend oder als seelischer Weichspüler nach heftigen Texten mit außer Kontrolle geratenen Bass-Kommentaren.
Die literarisch-musikalische Hemmungslosigkeit zahlt sich aus: die spannenden musikalischen Einlagen, mal im Duo mit Klavier-Kontrabass, dann wieder nur Kontrabass Solo geben dem Publikum Zeit und Raum, die Gedanken nachklingen zu lassen, sowie durch Eintauchen in die faszinierenden Klangwelten des Kontrabasses die Empfangsbereitschaft für neue, weitere literarische Eindrücke frei zu machen.
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Stefan Hölscher, studierter Philosoph, Literaturwissenschaftler und Psychologe (Dr. phil., Dipl.-Psych., M.A.), hat eine berufliche Doppelexistenz: er arbeitet als Managementberater, Trainer, Coach und ist Geschäftsführender Gesellschafter der Metrion Management Consulting, Frankfurt a.M. Gleichzeitig ist er als Autor, Lyriker und Sprecher tätig. Er ist Verfasser zahlreicher Bücher und Beiträge. Seine Gedichte kreisen um existenzielle, politische, alltägliche und queer-erotische Themen. Sie verwenden klassisch gefügte ebenso wie experimentell freie Formen; sie erweisen sich als poetisch-philosophische Reflexion oder einfach als Spiel mit Bildern, Worten und Lauten. Statt mit erwartungsbestätigender Familienähnlichkeit zeigen sie sich mit eigensinniger Verschiedenartigkeit. Immer aber suchen sie die Verbindung mit der Musik.

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Michael Schneider, Kontrabassist und Cellist, ist Solobassist des Philharmonischen Orchesters Heidelberg und Mitbegründer des Weltmusik Ensembles „arkestra convolt“. Daneben widmet er sich als Solist wie im Ensemble der Verbreitung zeitgenössischer Musik und spielt Uraufführungen von Gegenwartskomponisten wie Olga Magidenko, David Loeb, Martin Georgiev und Maria Panayotova. Sein besonderes Interesse gilt dem Aufspüren von inspirierenden, energievollen Werken abseits des musikalischen Mainstreams. Mit Stefan Hölscher verbindet ihn die Leidenschaft für das immer wieder neue, vitale und elementare Zueinanderfinden von Sprache und Musik.

Michael Schneider im Rote Insel Salon – Berlin – am 18.3.2016 mit Werken von Olga Magidenko, Frank Proto, Francois Rabbath und Uli Kieckbusch.

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Der Solokontrabassist Michael Schneider lässt es sich seit seinem Dienstantritt vor 35 Jahren in Heidelberg nicht nehmen, neben seiner Dienstbezeichnung auch tatsächlich als Solist aufzutreten. Das Ergebnis, die Erkenntnis dieser ausgiebigen solistischen Tätigkeit sind einige Werke, die immer wieder begeistert aufgenommen werden auch von Zuhörern, die mit Neuer Musik sowie mit moderner Kontrabass Musik nicht vertraut sind.
Das erste “ erfolgreiche “ Stück ist Kadenza von Teppo Hauta Aho. Nicht umsonst ist es so berühmt wie gern gespielt, auch wenn der Komponist es nicht mehr hören kann. Für Michael Schneider ist es immer noch vorrangig vor der “ Pieni Bassophantasia „.
“ Spagnolo “ für Kontrabass Solo von Olga Magidenko wurde von mir vor zwei Jahren aus der Taufe gehoben und heimst seitdem in vielen Konzerten begeisterte Erfolge ein. Bei aller Sprödigkeit mit vielen tiefen Tönen und Doppelgriffen in tiefen Lagen überragt es musikalisch wie spieltechnisch das so hoch bewertete “ Hommage à Bach “ von Zbinden, bei dem ich nie Spielfreude entdecken konnte. Dieses Stück bezeichne ich als anstrengend und sehr bemüht, irgendwie kopflastig. Aber ich betrachte mich auch weniger als Musiker denn als Musikant. Also liegt diese Kritik wohl eher in meinem Wesen als am Stück.
Ganz still im Raum wird es immer wieder, wenn ich den zweiten Satz aus der Kontrabass Sonate “ 1963 “ von Frank Proto Solo spiele. Wenn kein Pianist zur Verfügung steht, dann empfehle ich jedem Solisten diesen Satz Solo zu spielen. Ich habe immer wieder den Eindruck, dass diese wunderbaren Bebop Phrasen ohne das – störende – Klavier viel klarer und eindringlicher in die Gefühle der Zuhörer eindringen. Knisternde Stille im Raum animiert mich zu dieser Darstellung.
Seit ich die Kompositionen von Francois Rabbath spiele hat sich in meiner Musik und der Spiegelung durch das Publikum etwas radikal geändert: Da wundert sich niemand mehr darüber, warum ich so hoch spiele. Diese Musik vermittelt alles andere als den Eindruck, dass da einer versucht besser als die Cellisten zu spielen. Das ist einfach Musik vom, für den Kontrabass. Musikalisch glaubwürdig, authentisch sozusagen. ( Und als Geheimtip für neugierige und suchende Bassisten: Genssler Rabbath Saiten verwirklichen alle Träume die ihr Bassisten noch nie hattet. )
Und jetzt folgt noch Uli Kieckbusch: Freund und begnadeter Komponist, sowie Urgrossneffe von Johannes Brahms.
“ Tänka Pa Ko „, ein Blues der ihm in Finnland in den Sinn kam. Auch dies ein stilles Stück, das mein Publikum immer wieder noch stiller werden lässt.
Meine – spontane – Erkenntnis beim Schreiben in diesem Moment: Stücke, die einfach nur Musik sein wollen, die eine Geschichte erzählen, unprätentiös, also noch einmal : authentisch: die werden dankbar an- und aufgenommen. Das Gehirn versteht, wird aber nicht berührt. Darum haben wir das Wort: kopflastig.

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Robert Frost – mein Favorit – noch besser als Hans-Georg Gadamer ? Aber ich liebe auch Wilhelm Busch und Friedrich Doldinger.

Yordan Kamdzhalov – ein No Go in Heidelberg, vom OB über die Verwaltung bis in das Theater und Orchester: absolutely : NO GO AREA.
Atomar verseuchte Zone. Wer verstossen werden will, der betrete diese Zone. Da hat einer meiner “ Lieblingslyriker “ – Robert Frost – aber Glück, er lebt nicht mehr. Dabei tue ich dem Philosophen Hans-Georg Gadamer mit meiner Überschrift eigentlich Unrecht, denn er hat vor Schülern einmal formuliert: “ Toleranz ist, wenn man aus der Sicht des anderen denkt „.
Robert Frost hat das so formuliert: “ Toleranz ist das unbehagliche Gefühl, der andere könnte am Ende doch recht haben „.
Aber wer will seine bekannten Horizonte gerne aus den Augen verlieren ? Da könnte das gesamte Philharmonische Orchester gleich zu meinem Lehrer nach Paris fahren und sich “ umschulen “ lassen: technisch, mental, spirituell.
Hier noch ein weiteres Zitat von Robert Frost: “ Bildung ist die Fähigkeit, fast alles anhören zu können, ohne die Ruhe zu verlieren oder das Selbstvertrauen“.

Einen ganz anderen Aspekt zu Yordan Kamdzhalov gibt mir die antroposophische Sicht von Friedrich Doldinger:

Viele Mittler braucht das Leben
denn es ist so viel getrennt
ach, was könnte jeder geben
lebte er sein Element
Drin er schaltet als dem Seinen
grad, als wär´ es ihm gelie´hn
um sein Werdelied zu einen
mit der Götter Melodien

Eine wunderbare Sprache, samtig weich und poetisch treffend. Das Pendant zur musikalischen Ausdrucksweise von Yordan Kamdzhalov. Lesen Sie bei Wikipedia nach über Friedrich Doldinger, dort können Sie mit mir entdecken, dass er ein wunderbares Buch über W.A.Mozart verfasst hat.