Haang Jeung und die Genssler Saiten – eine neue Erfahrung für Michael Schneider

Haang Jeung will Bass lernen. Sie hat nicht die grössten Hände, aber einen eisernen Willen. Und ich habe die Ideen dazu; wir beginnen in der Daumenlage, da braucht sie den vierten Finger nicht. Aber die Saiten sind hart und die Saitenlage noch nicht optimal. Der Rabbath Knickstachel ist schon eingebaut, der Bass also federleicht in der Schräghaltung. Ihre Hände sind in zwei Monaten schon kräftiger, der Ton voller und der Sustain ok. Aber ihr Lehrer ist Fan von Gerold Genssler’s Saiten. In der heutigen Stunde war es so weit: Erster Versuch mit den neuen Saiten. Erste Erkenntnis: der Bass ist viel lauter. Zweitens: sie hört die Töne klarer, sauber spielen fällt leichter. Der Lehrer sorgt sich um die noch zu hohe Saitenlage. ( Ich trage locker eine Hälfte eines Klavieres, aber bei der Saitenlage bin ich inzwischen eine Mimose ). Schlägt aber vor, mit einer Veränderung noch zu warten bis sich alles zurecht gezurrt hat. Schülerin: nein, bitte nicht tiefer legen, sonst weiss ich ja nicht ob ich drücke.

Nun gut, der Rest „Widerstand“ sei ihr gegönnt, wir sind dank Gerold schon kurz vor der Vollendung der Utopie, der unerträglichen Leichtigkeit des Bass Spielens.

Schwere oder leichte Bass Bögen ? Eine Betrachtung aus meinem Orchesteralltag.

Lothar Seifert war Bogenmacher. Der Name, auch der seiner Nachfahren steht für hervorragende, auch aussergewöhnliche Bögen. Auf der Suche nach einem französischen Bassbogen besuchte ich ihn. Er führte mir viele schöne Bögen vor, aber alle waren mir zu schwer, viel ( sehr ) zu kopflastig. Warum, fragte ich ihn machen sie das, wer will so schwere Bögen ? In Deutschland verkaufe ich so gut wie keine französischen Bögen ( wir befanden uns im Jahr 1995 ), sondern nur ins Ausland. Dann erklärte er mir, dass besonders die amerikanischen Bassisten nach dem zweiten Weltkrieg immer schwerere Bögen bei ihm bestellten. Das hing damit zusammen, dass die Konzertsäle immer grösser wurden und sie meinten, sie müssten die Säle mit mehr Ton ausfüllen. Dieser Gedanke fand nur Hilfe durch schwere Bögen.  Wer Michael Schneider kennt, der weiss dass ich hier nichts gegen schwere Bögen habe. Es kommt immer nur darauf an, ob es dem jeweiligen Zweck dient oder nicht. Ich habe damals einen leichten Bogen von Seifert bekommen. Den habe ich gespielt, bis Gerold Genssler mit seinen “ Rabbath Saiten “ in mein Leben trat.. Als ich 1991 bei Rabbath begann, stand ich mit einem Bein im Gefängnis – im Bassisten Gefängnis. Nun stehe ich mit beiden Beinen dort, denn jetzt spiele ich den Bass nur noch mit einem Cellobogen. Der darf dann auch gerne etwas schwerer sein , also leicht kopflastig. Das hängt mit den Genssler Saiten zusammen.  Bei dickeren Saiten mit grösserer Spannung wäre ich vermutlich nie auf diese Idee gekommen.

Die Genssler Saiten sprechen an wie Geigensaiten, aber nur wenn man sie auch so behandelt. Führt man sich auf wie die Holzhacker Bua, dann kommt auch die entsprechende Antwort. Das gilt meines Erachtens aber auch für jede Art von Saiten. Das richtige Bogengefühl geht im Orchester Alltag leicht unter wenn man der Illusion unterliegt, gegen das Blech anspielen zu können. Für einen kultivierten Bogenansatz gilt für mich der Spruch eines weisen Heidelberger Cellisten: Sie müssen vor und nach dem Orchester immer ihre Töne reinwaschen.

Ein früherer Kollege von Willi Beyer, ehemals Solobassist beim NDR Sinfonieorchester erzählte ihm immer wieder: Willi, wenn das Blech einsetzt sofort auf piano umschalten.

Der Cellobogen auf dem Kontrabass und der andere, der besondere Klang

Seit drei Jahren spiele ich den Kontrabass nur noch mit einem Cellobogen. Mir hat die breite Haarauflage des Bassbogens noch nie gefallen, bzw. der Ton. Vielleicht unterstützen die Genssler-Saiten das Spiel mit einem leichteren Bogen. Der Ton kommt mir mit einem Cellobogen klarer und fokussierter vor. Ein Kontrabass Konzert habe ich damit schon im letzten Jahr in der Heidelberger Stadthalle gespielt. Noch vor meinem Wechsel zur anderen Bogenhaltung habe ich als Dozent /Trainer bei Landesjugendorchestern oft die Cello und Bass Gruppen zusammengetan und zwischendrin die Spieler ihre Instrumente tauschen lassen. Welche Kommentare waren da zu hören ? Die Cellisten: Mensch, geht das schwer. Die Bassisten: Mensch geht das leicht. Inzwischen gibt es ( neben den Genssler Saiten ) sehr gute Saiten, die ich gezupft vielleicht gar nicht von den Genssler Saiten unterscheiden kann. Den Unterschied merke ich erst, wenn ich so ein Instrument selbst in die Hand nehme. Dann merke ich, wieviel Kraft ich brauche um die Saiten zu drücken. Jemand der dies gewohnt ist bleibt damit in seiner Zufriedenheit und wird erst ein strahlendes Gesicht bekommen wenn er die unerträgliche Leichtigkeit der Genssler Saiten in den Händen spürt. Beim Streichen erwarte ich von den Saiten und meinem Instrument eine Antwort auf meine Frage.  Ein Comic: Lehrer: die Antwort ist falsch. Schülerin: Nein, das war die falsche Frage auf meine Antwort. Also: wenn ich erst drücken muss bevor das Instrument reagiert, dann zwingt mich das Instrument so zu spielen wie ich es nicht will. Wenn ich einen Ton ohne Ansatzgeräusche haben will, dann erwarte ich eine prompte Anwort. Von der Geige und dem Cello wissen wir, dass es geht und mit etwas Neugier kann jeder das Ohr dafür bekommen. Man stelle sich vor, ein Bassist versucht mit seiner Technik einer Geige einen schönen Ton zu erzeugen. Wird es ihm gelingen ?

Kontrabass Unterricht in Heidelberg – für kleine Hände – Pivot und andere Tricks auf dem Weg zum Erfolg

Eine Koreanerin kam zu mir, hatte beschlossen Kontrabass zu lernen. Sie erzählte mir, dass sie viele Jahre Geige gespielt hat und immer schon Probleme mit ihrem kleinen Finger hatte ( auf der Geige ). Kein Problem für Michael Schneider: Wir fangen einfach in der Vierten Lage ( nach Rabbath ) an. Das ist die sogenannte Daumenlage. Da braucht sie ihren vierten Finger nicht und wenn ihre Finger sich an das Bassspielen gewöhnt haben und  Kraft bekommen haben, dann rutschen wir in die dritte Lage. ( Das bedeutet: Daumen auf das D der G-Saite ). Hier bekommt sie die Daumentöne nicht mehr „gratis“, d. h. sie muss die Töne des Daumens drücken. Durch Benutzung des Daumens für die Flageolett Töne in der Vierten Lage hat sich der Daumen inzwischen schon an das Herunterdrücken der Saiten gewöhnt. Für die tiefen Saiten muss der Daumen in der Vierten Lage quer über die Saiten wandern – für eine gute Intonation.

Jetzt kommen auch schon die Genssler-Saiten ins Spiel. Nachdem der Solobassist des Tonart Orchesters, Walter Pfundstein mit neuen Genssler- Saiten bei einer Registerprobe erschien, kommentierte dies ein Kollege mit seiner Bewunderung für die Lautstärke durch die Genssler-Saiten. Nach der Probe durfte er die neuen Saiten ausprobieren.  Die gesamte Bassgruppe staunte über das entspannte und lockere Spielen des Kollegen. Alle hatten den Eindruck, dass die “ Rabbath“ Saiten schlagartig die Mimik und die Körperhaltung des Kollegen radikal verändert hatten.

Damit kommt die Koeranerin auch sofort auf ein anderes Niveau. Wenn der bisher unumgängliche Kraftaufwand durch hohe Saitenlage und zehn Kilo mehr Zug pro Saite als bei den Genssler-Saiten weg fällt, dann hat sie mehr Freiraum für die Musik. Leicht zu drückende Saiten sind in jeder Hinsicht eine Befreiung. Keine Blasen mehr beim Zupfen. Die Leser dieses Blogs sollten sich einmal ein Video auf You Tube anschauen: Arvell Shaw spielt ein langes Solo über “ How high the moon“. 1947 in Australien aufgenommen.Aber nicht mit der flachen Saitenlage und Tonabnehmer, wie es Nils Henning Oersted Patterson eingeführt hat und mit drei oder vier Fingern, Nein, das spielt er alles mit einem Finger.

Mit Hilfe des Pivot kann die Schülerin mit der kleinen Hand auch in der ersten Lage ohne Lagenwechsel vom As auf der der G-Saite bis zum C springen. Ohne dieses Hilfsmittel kann sie nicht einmal einen Ganzton mit der linken Hand greifen.