Bass Spielen – ein unendlicher Spass für Michael Schneider

Ich wurde immer wieder wegen meiner Bemerkungen  in meiner “ Vita “ bezüglich der Geschwindigkeit gefragt, warum ich schnell spielen will. Das Geheimnis liegt nicht im Tempo, sondern in der Raum-Zeit-Bewegung. Wenn ich meine Wege auf dem Instrument verkürze, dann wird der Raum den ich durchschreiten muss kleiner, kürzer und auch die Bewegungen werden reduziert auf Fingerbewegungen. Nutze ich das nicht aus, dann habe ich auch immer große Armbewegungen und viele Lagenwechsel. Das bedeutet, viele Probleme und Arbeit um die Musik herum. Das Ziel der Rabbath-Technik ist für mich die “ kunstlose Kunst „. Die Musik kann ich aber nur fliessen lassen, wenn ich Zeit für die Musik habe, andernfalls bin ich mit anderen Problemen beschäftigt und habe keine Zeit für die Musik.

Noch einmal zum Thema Geschwindigkeit: Eine Geigen Kollegin sprach mich während einer Mozartoper an und teilte mir die Bewunderung ihrer Eltern mit, die im oberen Rang gegenüber von uns sassen. Sie staunten darüber, wie schnell ich spielen kann. ( Meine spontane Antwort: ja schneller als die Geigen ) Das ist ja nicht der Sinn des Zusammenspiels, dass irgendeiner früher fertig ist und dann wie in einem Comic von Sempé der Geiger früher nach Hause geht, weil er heute mal wieder schneller als die anderen gegeigt hat.  Es kann sich also nur um einen optischen Eindruck handeln. Diesen optischen Eindruck vermittelt Francois Rabbath’s Technik  in den Videoaufnahmen von den Paganini Variationen von Frank Proto. ( Nine Variants on  Paganini for  Double Bass and Piano, Liben Music Publishers ) Während der schnellsten Passagen scheinen die Bewegungen kleiner und ruhiger zu werden. Die Überwindung grosser Entfernungen auf dem Kontrabass, verbunden mit vielen Lagenwechseln kann optisch wie musikalisch nicht die Ruhe ausstrahlen, die ein anderes Spiel-Denken mit sich bringt.

Wie sieht das im Alltag, im Orchester aus ? Z.B. Beethovens Pastorale: da zieht ein Gewitter auf und es gibt jede Menge zu tun. Versuche ich die Sechzehntel Läufe auszuspielen, dann kann ich eigentlich gleich die sog. Mannheimer Schule verwenden: alles mit einem Finger rauf und runter. Mache ich es mit Rabbath, dann lege ich den Daumen auf den ersten Ton der jeweiligen Sechzehntel und spiele die Gruppe mit den übrigen Fingern aus. Kommt dann die nächste Gruppe, so schiebe ich den Daumen auf den Grundton und spiele genau so weiter. Bewegen muss ich mich dafür also nicht und es sieht  leicht aus, ist schneller, weil jeder Finger immer schon da ist und ich mich nicht erst dort hinbewegen muss.  Dabei spiele ich natürlich auf den tieferen Saiten in höheren Lagen, so dass für den Laien schon mal der Eindruck entstehen kann, dass ich eine ganz andere Stimme spiele, weil ich mich fast gar nicht bewege aber zumindest die Ruhe selbst bin.

Warum neue Ideen so neugier-resistent sind, das steht alles in dem Buch von Gerald Hüter in der „Gebrauchsanweisung für das menschliche Gehirn“

Francois Rabbath und das alternde Alter

Rabbath conservatory

Francois Rabbath

Francois Rabbath ist Jahrgang 1931. Also ist er in diesem Jahr 82 Jahre  nicht alt, sondern jung geworden. Ich habe ihn im Januar in einem Release Konzert zu seiner neuen CD der sechs Bachsuiten in Originallage  gehört.. Auf You Tube gibt es Live Mitschnitte u.a. der von ihm gespielten Paganini Variationen von Frank Proto.

Viele Passagen können nur auf den tiefen Saiten in hoher Lage gespielt werden und jeder kann sich von der Kraft und Klarheit dieses Powerspiels ohne Kraftaufwand überzeugen.  Wie ein Marathon Läufer hat Francois Rabbath  jedoch viele Jahre ( 4 oder 6 ? ) daran gearbeitet dieses Potential zu entwickeln bis es am Ende aussieht wie nichts.

Und was sagt Francois selbst dazu ?  “ Ich hoffe dass ich in diesem Leben noch so Bass spielen lerne wie ich es mir von mir vorstelle.“ Er gibt nicht auf obwohl er schon alles erreicht hat, wovon wir noch nicht einmal zu träumen wagen.