Kontrabass Unterricht in Heidelberg: Genssler Saiten in Quintstimmung. Auch diese Facette des Kontrabasses bedient Michael Schneider.

Die leeren Saiten korrespondieren mit den leeren Cellosaiten im Oktavabstand. Das ergibt einen ganz neuen unisono Klang und eine ungewohnte Gemeinsamkeit in den Obertönen.  Der Tonumfang des normalen Fünfsaiters wird in dieser Stimmung auf vier Saiten komprimiert.

Ich frage mich immer noch, wie es der kanadische Bassist Joel Quarrington oder junge Studenten fertig bringen, in dieser Stimmung zu spielen, ohne die Basstechnik von Francois Rabbath. Ohne das „ Pivot „, die Krabbenrechnik  ( La marche en crabe) scheint es mir fast unmöglich.
Antworten hierauf gibt der Kontrabass Unterricht in Heidelberg von Michael Schneider.

Die Genssler Saiten in Quintstimmung sind noch weicher als die für die Quartstimmung ( fünf Saiten auf vier reduziert ). Diese Saiten wurden für Francois Rabbath entwickelt und heissen dementsprechend auch “ Rabbath-Saiten“. Ich habe für mich herausgefunden, daß  sie mit einem Cellobogen  noch brillanter und fokussierter klingen als mit einem Bassbogen, der meines Erachtens eine viel zu breite Streichfläche hat.

Mit dem Tonart-Orchester Heidelberg habe ich im Frühjahr 2012 das Carmen-Kontrabasskonzert von Frank Proto aufgeführt und hatte mit diesen Saiten und dem Cellobogen keine Probleme dem großen Orchester Paroli zu bieten.
Auch zu diesem Thema bietet der Kontrabass Unterricht in Heidelberg von Michael Schneider hilfreiche und erklärende Unterstützung.

Sowohl in Quart- als auch in Quintstimmung reduziert sich der Kraftaufwand des Drückens der Saiten in Richtung Null. Das verschafft mir Zeit und Spielraum mich “ spielerisch “ dem Pivot und der Krabbentechnik zu widmen. Den Bogen halte ich oft nach heue angesagter Barock-Technik nicht mehr am Frosch, sondern in Richtung ein Drittel des Bogens. Ich reduziere damit noch einmal das Gewicht und je weniger ich drücke gewinne ich nicht nur einen schönen Ton, sondern erreiche ohne Kraft eine enorme und klare Lautstärke, die ich früher nur mit viel Kraft und Drücken erzeugen konnte. Klanglich fühle ich mich heute jedoch viel wohler.
Antworten bekommt jeder Interessierte im Kontrabass Unterricht in Heidelberg bei Michael Schneider.

Kontrabass, die Sonate “ 1963 “ von Frank Proto. Immer noch avantgardistisch-modern und doch eingängig. Ein fulminantes Werk gewichtiger Leichtigkeit. Freitag den 7. April um 20 Uhr zu erleben im Querklang am Berghang in der Evangelischen Bergkirche Schlierbach.

Schräge Töne, Dissonanzen ohne Ende. Schön immer aus der Sicht des Komponisten. Wie bei Olga Magidenko: der Solist muss in der anderen Klangwelt beider Komponisten die Schönheit des Klanges entdecken. Hinter der ungewohnten Klangsprache und vielen technischen Herausforderungen wartet immer der schöne Klang auf seine Umsetzung.
Michael Schneider spielt seit vielen Jahren Uraufführungen, besonders von Olga Magidenko.
Erstes Lesen: was ist denn das jetzt schon wieder, das klingt ja gar nicht. Antwort: es klingt nicht, weil mein Unvermögen die Saiten des Instruments malträtiert. Spielkultur muss zurückstecken bis die Musik aus dem Bauch heraus kommt. Dann, irgendwann kann die Entdeckung des Klanges beginnen.
So wurde “ Spagnolo “ für Kontrabass Solo von Olga Magidenko zu meinem meist gespielten Stück.
Ebenso hat es der zweite Satz der Sonate 1963 von Frank Proto auf Platz 1 der Solostücke von Michael Schneider geschafft. Grooviger Tiefgang in knisternder Stille, Rhythm and Bebop begleitet von time-to-time Schuhperkussion.

Frank Proto - Sonate 1963

Frank Proto - Sonate 1963-1

Hier ein Appetithappen für Neugierige.

Die Introduktion, also der erste Satz ist geprägt von Kadenz ähnlichen amerikanisch-avantgardistischen Klängen, eine spielerische Suche die dann in einer klaren Bebop-Jazz Nummer endet. Dann wieder die Suche nach einem Übergang, wie eine Imitation aus Beethoven’s fünfter Sinfonie: Bevor es in den marschmässigen Schlusssatz geht wabert die Musik im Ungewissen, weiss noch nicht, wo sie hinwill, bis sich dann ein klares C-Dur entwickelt – bei Beethoven. Nachdem Proto seine Suche beendet hat schenkt er den Spielern eine fetzige Riffnummer. Nach Beethoven Manier eher ein Dialog als ein Solosatz für Kontrabass. An Spielfreude ist diese Jazz Sonate von Frank Proto jedoch kaum zu übertreffen..

Michael Schneider im Rote Insel Salon – Berlin – am 18.3.2016 mit Werken von Olga Magidenko, Frank Proto, Francois Rabbath und Uli Kieckbusch.

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Der Solokontrabassist Michael Schneider lässt es sich seit seinem Dienstantritt vor 35 Jahren in Heidelberg nicht nehmen, neben seiner Dienstbezeichnung auch tatsächlich als Solist aufzutreten. Das Ergebnis, die Erkenntnis dieser ausgiebigen solistischen Tätigkeit sind einige Werke, die immer wieder begeistert aufgenommen werden auch von Zuhörern, die mit Neuer Musik sowie mit moderner Kontrabass Musik nicht vertraut sind.
Das erste “ erfolgreiche “ Stück ist Kadenza von Teppo Hauta Aho. Nicht umsonst ist es so berühmt wie gern gespielt, auch wenn der Komponist es nicht mehr hören kann. Für Michael Schneider ist es immer noch vorrangig vor der “ Pieni Bassophantasia „.
“ Spagnolo “ für Kontrabass Solo von Olga Magidenko wurde von mir vor zwei Jahren aus der Taufe gehoben und heimst seitdem in vielen Konzerten begeisterte Erfolge ein. Bei aller Sprödigkeit mit vielen tiefen Tönen und Doppelgriffen in tiefen Lagen überragt es musikalisch wie spieltechnisch das so hoch bewertete “ Hommage à Bach “ von Zbinden, bei dem ich nie Spielfreude entdecken konnte. Dieses Stück bezeichne ich als anstrengend und sehr bemüht, irgendwie kopflastig. Aber ich betrachte mich auch weniger als Musiker denn als Musikant. Also liegt diese Kritik wohl eher in meinem Wesen als am Stück.
Ganz still im Raum wird es immer wieder, wenn ich den zweiten Satz aus der Kontrabass Sonate “ 1963 “ von Frank Proto Solo spiele. Wenn kein Pianist zur Verfügung steht, dann empfehle ich jedem Solisten diesen Satz Solo zu spielen. Ich habe immer wieder den Eindruck, dass diese wunderbaren Bebop Phrasen ohne das – störende – Klavier viel klarer und eindringlicher in die Gefühle der Zuhörer eindringen. Knisternde Stille im Raum animiert mich zu dieser Darstellung.
Seit ich die Kompositionen von Francois Rabbath spiele hat sich in meiner Musik und der Spiegelung durch das Publikum etwas radikal geändert: Da wundert sich niemand mehr darüber, warum ich so hoch spiele. Diese Musik vermittelt alles andere als den Eindruck, dass da einer versucht besser als die Cellisten zu spielen. Das ist einfach Musik vom, für den Kontrabass. Musikalisch glaubwürdig, authentisch sozusagen. ( Und als Geheimtip für neugierige und suchende Bassisten: Genssler Rabbath Saiten verwirklichen alle Träume die ihr Bassisten noch nie hattet. )
Und jetzt folgt noch Uli Kieckbusch: Freund und begnadeter Komponist, sowie Urgrossneffe von Johannes Brahms.
“ Tänka Pa Ko „, ein Blues der ihm in Finnland in den Sinn kam. Auch dies ein stilles Stück, das mein Publikum immer wieder noch stiller werden lässt.
Meine – spontane – Erkenntnis beim Schreiben in diesem Moment: Stücke, die einfach nur Musik sein wollen, die eine Geschichte erzählen, unprätentiös, also noch einmal : authentisch: die werden dankbar an- und aufgenommen. Das Gehirn versteht, wird aber nicht berührt. Darum haben wir das Wort: kopflastig.

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Hohenzollerische Zeitung vom 10.3.2014 zum Konzert in Hechingen mit Uli Kieckbusch und arkestra convolt

HECHINGEN

Musik in der (Strick-)Fabrik

Eine Fabrik und ein Konzert rund um Jazz, Free-Jazz und Blues: passt das zusammen? Ja – erbrachten die Musiker von “Arkestra convolt” im vorletzten “Hechingen kieckt!”-Konzert den Beweis.
Man musste fast ein bisschen suchen, bis man den Ort des vorletzten Konzerts in der Reihe “Hechingen kieckt!” fand: Die Tutto-Fabrikhalle der Wolfgang Zwerger GmbH (Opal) diente am Wochenende dem Ensemble “Arkestra convolt” als Konzertraum mit erfrischendem, ungewöhnlichem Charme.
Hechingen Wollfabrik 3
Das Quartett mit Bernd Stang an der Posaune, Michael Schneider am Kontrabass und Cello, Claus Rosenfelder am Saxophon und Francesco Panarese an den Percussions gründete sich 2009 und vereint Folklore mit neuer Musik. Die Gruppe greift zwar auf komponierte Musikstücke zurück, lässt sich aber gegenseitig Freiraum für gemeinsame und solistische Improvisationen.

 Durch die geschickte Stimmführung konnte jeder der Musiker nicht nur in den solistischen Parts sein Können unter Beweis stellen, sondern sich auch in die Gruppe einbringen, so dass sich die Mitglieder harmonisch ergänzten: Michael Schneider umgarnte seinen Kontrabass regelrecht und entlockte ihm leichthändig wohlig dunkle Jazzklänge. Bei einem von ihm gewählten Bebop-Stück, das er solistisch vortrug, zeigte er, dass der Kontrabass sich durchaus als Solo-Instrument durchsetzen kann.

Frank Proto, Alec Wilder und der Jazz in der “ Modernen Klassik “ der Kontrabass Literatur. Michael Schneiders Spurensuche nach guter Musik in diesem Genre.

Der Kontrabassist und Selfmade Komponist Frank Proto machte 1963 sein Diplom. Die Literatur, die ihm damals zur Verfügung stand war so spärlich und nicht nach seinem Geschmack, so dass er sich selbst ein Stück schrieb : die “ Sonate 1963 “ für Kontrabass und Klavier.

Der erste und der dritte Satz sind harmonisch sphärische Erkundungen dessen, was  Frank Proto immer weiter bis zu seinem heutigen Stil entwickelte.

Der zweite Satz ist wie ein Bebop Chorus der Sechziger Jahre gehalten und die Klavierbegleitung wirkt dazu wie ein perfekt improvisierend antwortendes Klavier. Die Bass Stimme weist jedoch alle Merkmale der klassischen Sonatenform auf: Thema, Seitenthema, Durchführung, Reprise. Dieser ausgeschriebene Bebop Chorus gefällt mir immer noch so gut, dass ich ihn öfter in Ermangelung eines Klaviers Solo spiele. Das Publikum nimmt das immer dankbar erstaunt auf, dem Publikum und mir fehlt da in dieser Fassung nichts.

Beim vierten Satz geht dies leider nicht, da hier ein ausgesprochen virtuoser Dialog zwischen Bass und Klavier die Spannung ausmacht und keine Melodie durchgängig auf dem Bass zu finden ist.

Was gibt es in der “ Modernen Klassik “ an Jazz orientierten Stücken !

Mir sind drei Jazz Sonaten des amerikanischen Komponisten Alec Wilder bekannt:

Suite No. 1 for Tuba, Bass and Piano, Small Suite for Bass and Piano

Suite for String Bass and Guitar, Sonata for Bass and Piano

Alle Margun Music Inc,

Paul Leenhouts komponierte 1993 “ Daido“ für Piccoloflöte und Kontrabass. Dieses Stück führe ich regelmässig mit Saxopon und Kontrabass auf.

Wem beim Lesen weitere Werke in dieser Richtung einfallen, der ist mit seinem Wissen hier sehr willkommen.

Als Jazz Trio für drei Celli oder drei Kontrabässe gibt es noch von Michael Norris “ Bass Motives“quasi cool – quasi blues – quasi cake walk.  Für Kontrabass Septett gibt es natürlich noch die Kompositionen des legendären  “ Orchestre de Contrebasses „ in dem schon Renaud Garcia Fons als Student auf seinem Fünfsaiter mit hoher C-Saite seinen Stil entwickelte.

Frank Proto schrieb auch ein Trio für Violine, Viola und Kontrabass, im coolen Bebop-Proto Stil geschrieben, das dem Kontrabassisten zur freien Improvisation einen beliebig langen Freiraum lässt. Diese Idee setzt Frank Proto auch in seinem Kontrabass Konzert fort. Eigentlich ist das gar nichts besonderes, was im Jazz als Chorus bezeichnet wird, nennen wir in den Klassischen Konzerten Kadenz. Nur ist den Klassikern das freie Spiel abhanden gekommen, so dass sie sich ihren Chorus vorher aufschreiben oder gleich eine Kadenz vom Komponisten oder anderen spielen. Francois Rabbath setzt in seinen Kompositionen mit Klavierbegleitung diese Idee in  “ Reitba „ und seinem “ Concerto No. 2″ sowie “ Concerto No. 3 “ ( mit Klavierbgleitung ) um und gibt dem Solisten Gelegenheit sich solistisch “ Solo “ zu präsentieren.

Ich habe seine beiden „Concerti“  No. 2 und 3 seit einigen Jahren auch für mein Cello adaptiert und schon mehrfach aufgeführt. ( Das Placet von Francois Rabath habe, ich habe es ihm zusammen mit seinem Sohn Sylvain vor fünf Jahren vorgespielt ). Damit bin ich vermutlich bislang der einzige, der “ Rabbath“ auf dem Cello spielt.

Francois Rabbath und seinem umfangreichen Werk werde ich ein eigenes Kapitel widmen.

 

Michael Schneider ist auf der Suche nach dem Jazz in der “ Modernen Klassik “ der Kontrabass Literatur bei Frank Proto, Alec Wilder und anderen.

Der Kontrabassist und Selfmade Komponist Frank Proto machte 1963 sein Diplom. Die Literatur, die ihm damals zur Verfügung stand war so spärlich und nicht nach seinem Geschmack, so dass er sich selbst ein Stück schrieb : die “ Sonate 1963 “ für Kontrabass und Klavier.

Der erste und der dritte Satz sind harmonisch sphärische Erkundungen dessen, was Frank Proto immer weiter bis zu seinem heutigen Stil entwickelte.
Der zweite Satz ist wie ein Bebop Chorus der Sechziger Jahre gehalten und die Klavierbegleitung wirkt dazu wie ein perfekt improvisierend antwortendes Klavier. Die Bass Stimme weist jedoch alle Merkmale der klassischen Sonatenform auf: Thema, Seitenthema, Durchführung, Reprise.
Dieser ausgeschriebene Bebop Chorus gefällt mir immer noch so gut, dass ich ihn öfter in Ermangelung eines Klaviers Solo spiele. Das Publikum nimmt das immer dankbar erstaunt auf, dem Publikum und mir fehlt da in dieser Fassung nichts.
Beim vierten Satz geht dies leider nicht, da hier ein ausgesprochen virtuoser Dialog zwischen Bass und Klavier die Spannung ausmacht und keine Melodie durchgängig auf dem Bass zu finden ist.
Was gibt es in der “ Modernen Klassik “ an Jazz orientierten Stücken !
Mir sind drei Jazz Sonaten des amerikanischen Komponisten Alec Wilder bekannt:
Small Suite for Bass and Piano – Margun Musik Inc., Sonata for String Bass and Piano – Margun Music Inc.
Suite for String Bass and Guitar – Margun Music Inc  sowie Suite No. I For Tuba, Bass and Piano – Margun Music Inc.

Und selbstverständlich Francois Rabbath: Solos for the Double Bassist, Liben Music. Equation , Kobolds, Sete Quate und Creasy Course sind sehr jazzige Stücke, die als Set gespielt acht bis zehn Minuten hergeben und von jedem Publikum begeistert aufgenommen werden.

Wem beim Lesen weitere Werke in dieser Richtung einfallen, der ist mit seinem Wissen hier sehr willkommen.

Als Jazz Trio für drei Celli oder drei Kontrabässe gibt es noch von Michael Norris drei Sätze : Ragtime, Blues und Cool.
Für Kontrabass Septett gibt es natürlich noch die Kompositionen des legendären “ Orchestre de Contrebasses „ in dem schon Renaud Garcia Fonds als Student auf seinem Fünfsaiter mit hoher C-Saite seinen Stil entwickelte.

 

Betrachtungen zur Uraufführung der Kontrabass Sonate von Olga Magidenko am 24.9.2014 um 20 Uhr im Musikhaus Hochstein in Heidelberg. Ausführende: Michael Schneider, Kontrabass – Nora Emödy, Klavier

Wir schreiben das Jahr 1976. Olga Magidenko hat die Pubertät gerade hinter sich und befindet sich in ihrer jugendlichen Sturm und Drang Zeit. Sie hat in Moskau bei Aram Khatchatourian studiert, der war einer ihrer Lehrer und vielleicht auch Vorbild.

Das spiegelt der erste Satz sehr heftig wider. Nach einer langsamen Einleitung hält sich das Thema überhaupt nicht an den vorgegebenen 3/8 Takt. Ständig wechseln die Schwerpunkte an unerwartete Momente, scheinbar sind Bass und Klavier überhaupt nicht zusammen und der Zuhörer weiss auch nicht mehr wo er sich befindet. Gleich der erste Einsatz des sehr tänzerischen Tanz Themas mit dem Achtel Auftakt G – Sprung: Oktave G‘ als erster Ton und Beginn, schon setzt Olga ein einziges solitäres As im Klavier dagegen. Da darf dann der Kontrabass gleich denken, dass er falsch oder unsauber eingesetzt hat. Der Kontrabass darf und soll selbstverständlich ziemlich bis sehr sauber spielen, jede Schwankung in der Intonation ist sehr wohl sehr deutlich zu hören.-  Dann hat das Klavier Pause. Und jetzt: Kadenza, aber nicht irgendwas, sondern von Olga aufgeschrieben. Das Thema geht sozusagen ohne Klavier weiter. Das wiederholt sich kurz vor der Koda noch einmal, mit einer fetzig-brillanten Soloeinlage zeigt Olga ihre profunde Kenntnis der bassoralen Möglichkeiten. Die Melodieführung der Oberstimme ist so typisch wunderbar schräg und vermittelt dennoch enorme Spielfreude wenn es dem Spieler erst mal gelingt, die synkopierten Bass Borduntöne im richtigen Timing dazu zu setzen.

Zweiter Satz: Sehnsuchtsvollste russische Romantik betört das Ohr, das Klavier stellt das Thema vor, dann übernimmt der Bass. Die Sehnsucht schraubt sich auf dem Bass immer höher, bis Sie wegen der schwindelnden Höhe nur noch im künstlichen Flageolett darstellbar, also spielbar wird.

Dritter Satz: Wieder langsame, diesmal staccatierte Einleitung deren Thema verkürzt wiederholt wird. Dann reicht es Olga, im 7/4 Takt geht es weiter. Zwei Takte abgehackte Akkorde auf die eins, dann geht es rund. Das sehr eloquente Thema entwickelt in seinen Wiederholungen Rondo Charakter. Auch hier lebt Olga ihre Grenzen sprengende Neigung aus, die Melodie immer höher zu schrauben. Hier schont sie weder den Kontrabassisten noch das Klavier. Auch hier scheinen Bass und Klavier rhythmisch aneinander vorbei zu spielen – jeder spielt über lange Strecken in verschiedenen Taktarten, was mich beim Betrachten der Partitur sehr verwirrt hat mit der Frage, wie das jemals zusammen gehen soll. Aber Olga schreibt nicht gegen die Musik.

Im Final-Höhepunkt kurz vor der Koda geben sich 7/4, 11/8, 6/8, 7/8 und wieder 7/4 Takte die Hand, das Klavier bleibt dabei durchgängig im 7/4 Takt. Das ist eigentlich ganz einfach, der Kontrabass braucht nur “ gerade „, also rhythmisch  konstant seine Achtel-Noten zu spielen und schon ist es wirklich  einfach. Beim ersten Lesen der Sonate sind die Verschiebungen der Takte gegen die Struktur der Themen so irritierend, wie ich es bei einer Baguala von Willi Burgos erlebt habe. Traditionell wird sie im 6/8 Takt notiert, das Spiel Feeling ist aber ein 3/4 Takt. Und solange mein Verstand etwas anderes hört als er liest, hatte und habe ich damit meine Schwierigkeiten. Aber die Hindemith Sonate war auch mal  “ schwer „. Carl Valentin sagte dazu einmal  “ Wenn man es kann, dann ist es keine Kunst mehr „. Und damit hat er recht.

Erster und dritter Satz dieser Sonate strotzen vor Temperament und ( rhythmischer ) Frechheit. Um so etwas zustande zu bringen, dazu gehört eine gehörige Portion ( musikalischer ) Intelligenz. Davon hat es in ihrer Kammermusik reichlich.

Mit dem Denken von Simandl und Findeisen ist diese Sonate so unangenehm wie das Henze Kontrabass Konzert ( aber natürlich völlig andere Musik ). Mit der Rabbath Technik betrachtet ist es ein Feuerwerk an spannender und sehr vitaler Musizierfreude.

Mir fällt von bekannteren Werken der Kontrabass Literatur nur die Paul Hindemith Sonate und die von Franticek Hertl ein, beides Werke von schöner, spröder Modernität. Für mich reiht sich die Kontrabass Sonate von Olga Magidenko ein in meine “ Trilogie “ der wichtigsten Kontrabass Sonaten der letzten hundert Jahre. Dabei reduziere ich meinen Focus auf die sogenannte Moderne Klassik. An anderer Stelle habe ich schon die Kontrabass Sonate von Frank Proto erwähnt, die ich für die “ schönste “ und innovativste moderne Kontrabass Musik halte, sowie die “ Jazz “ Sonaten von Alec Wilder.

1976 wurde diese Sonate von Olga Magidenko komponiert, da war sie 13 Jahre alt, mit Schwergewicht auf: “ alt „. Mit sechs Jahren wollte sie komponieren, ihre Mutter verbot es ihr. Die Mutter war Pianistin und das sollte Olga auch werden.  Mit elf Jahren schaffte sie es, dass sie in Moskau als ausserordentliche Studentin Komposition studieren durfte. Da stimmte ihre Mutter zu. Das erinnert mich irgendwie an Mozart. Neben der Uraufführung der Kontrabass Sonate habe ich mit Nora Emödy, Klavier und Claus Rosenfelder, Klarinette und ich, Michael Schneider am Cello auch die Uraufführung von “ Einatmen – Ausatmen “ gespielt, sowie drei weitere Klaviertrios von Olga Magidenko.

Ihre Werke zeichnen sich aus durch: Profunde Kenntnis der Möglichkeiten auf jedem Instrument, spannende Eskalation der Spielfreude durch provozierende technische Anforderungen an jeden Spieler.

Der Kontrabass Sonate von Olga Magidenko wünsche ich den Status der Hindemith Sonate in der Kontrabass Literatur, wie auch in den Herzen der Ausführenden.

Noten erhältlich bei : Furore Verlag  Kassel

 

Susanne Paul: “ Just Doodling “ für Violoncello Solo am 19. September 2014 in der Evangelischen Bergkirche Schlierbach, gespielt von Michael Schneider.

Warum schreibe ich hier darüber? Weil ich kürzlich für das letzte Konzert im Juli in der Bergkirche erwähnt habe, dass ich ein Stück für Cello Solo von Mark Summer spielen werde. Bernhard Helpenstein, Verleger in Mainz stiess auf diesen Artikel und machte mich auf weitere interessante Werke für Cello Solo aufmerksam.
Die erste dieser Empfehlungen werde ich am 19. September aufführen.
Auch dieses Stück ( Just Doodling ) ist wie Juli-O ( von Mark Summer ) ein Ohrwurm, eine groovige Droge.
Letzteres habe ich kürzlich im Familienkreis Freunden und Kindern vorgespielt. Danach pfiffen alle Spatzen das Thema stundenlang von allen Dächern. Just Doodling spiele und pfeife zur Zeit nur ich. Das wird sich aber demnächst ändern.

Das Erforschen der Möglichkeiten auf dem Cello begann in der Renaissance, J. S. Bach hat das 36 mal für Cello Solo in seinen Cello Suiten erkundet. Reger und Britten, Ligeti und viele andere suchten weiter und fanden spannende Möglichkeiten.

Mit den oben erwähnten Stücken hält die jazzige Folk- und Jazzmusik Einzug in das Cello.
Aus meiner begrenzten Sicht holt damit die Cello Musik nach, was für den Kontrabass 1963 mit / durch Frank Proto und seiner Jazz-Kontrabass Sonate  “ 1963 „ begann und dann durch François Rabbath und seinen Schüler Renaud Garcia Fonds jazzig-weltmusikalisch vervollkommnet wurde.
Zurück zu Just Doodling : die Anmerkungen von Susanne Paul im Vorwort sind sehr hilfreich.
Früher oder später wäre ich auf die Struktur der Komposition auch selbst gekommen. Aber mit diesen Anmerkungen hat der Spieler, also zumindest Michael Schneider, eine gute Starthilfe.
Sitzt das Stück erst einmal gut in den Fingern und gelingen die Akkordwechsel flüssig, dann ergibt sich das Improvisieren fast von selbst.
Viele Töne sind mit “ Slide“ Zeichen versehen – das Hineinrutschen in den Ton. Diese kommen besonders am Höhepunkt des Stückes zum Einsatz und erzeugen mit wunderbar jazzigen Motiven einen sehr verführerischen Groove.
Da ich ein Klangfetischist bin kann ich mit der Verbindung von Pizzicato und dem Schlagen auf die Saiten nicht viel anfangen.
Ich denke dann: das steht jetzt hier, also mache ich das, auch wenn es musikalisch keinen Sinn ergibt. Am Kontrabass ist es mir immer peinlich wenn ich ein Bartok Pizzicato spielen soll.
Das ist de facto nur ein hässliches Geräusch, das die Schlagzeuger viel besser und auch klangvoller erzeugen können. Wenn ich jedoch an das Stück “ Kalimba “ von Mark Summer denke, dann macht das sehr wohl einen Sinn, weil dann die Musik im rhythmisch Vertrackten liegt. Auch Rockabilly Virtuosen können mich mit ihrer Slap Technik begeistern.
Und mich begeistert immer wieder, dass bis zur Oktave auf dem Cello immer noch nicht alle Möglichkeiten ausgelotet sind.

Michael Schneider hat über die musikalische Innovation durch Francois Rabbath in seinem letzten Artikel berichtet. Jetzt geht es um innovative Musik auf dem Cello. Teil II

Julie-O von Mark Summer für Cello Solo ist ein musikalisch-innovativer Meilenstein der Celloliteratur.

Stimmig vom ersten bis zum letzten Ton, mit der Möglichkeit einer Freien Improvisisation im Stück, die schon François Rabbath und Frank Proto in ihre Werke eingebaut haben.

Selbstverständlich fehlt mir der totale Überblick über alle Neuerungen.

Aber wenn schon Gitarristen danach dürsten Julie-O auf der Gitarre zu spielen, eine Musik Spezies, die mit allem Reichtum gesegnet ist, dann muss bei dem Stück schon die Post abgehen.

Mit diesem Stück und anderen Werken von Mark Summer sowie z.B. “ Just Doodling “ von Susanne Paul haben für mich nun die Cellisten den Gleichstand mit François Rabbath und Renaud Garcia Fonds erreicht.

Diese neuesten Erkenntnisse verdanke ich Bernhard Helpenstein, Ponticello Edition, dem ich an dieser Stelle für seine Reaktion auf einen vorherigen Artikel danke. Weitere Stücke von Mark Summer: Kalimba und Lo how a rose e’er blooming ( Es ist ein Ros entsprungen ) .

Und wie bin ich auf “ Julie-O “ gestossen? Das verdanke ich meinem Freund Christian Hinz aus Köln. Er hat sein Wissen grosszügig mit mir geteilt.

 

„Weltmusik “ von und mit Francois Rabbath

Die Entstehungsgeschichte von Francois Rabbath’s phantasievollen Weltmusikstücken soll hier erzählt werden. Eigentlich hat Bertold Brecht sie schon vor vielen Jahren in seinem Gedicht “ Legende von der Entstehung des Buches Tao Te King auf dem Weg des Laotse in die Emigration „verbreitet.

Auf der Suche nach der “ Nouvelle Technique de la Contrebasse “ begann er auf seinem Instrument herumzuspielen. So entstanden spielerisch seine ersten Solostücke: Iberique Penninsulaire  ( imitiert  spanisch-folkloristischen Gesang auf dem Kontrabass ), Kobolds ( eine fetzige Jazz Nummer, die er oft mit zwei Schlagzeugern präsentiert hat ), Breiz ( Breiz ist der alte Name für Bretagne und imitiert einen Dudelsack ). Jedes seiner Solostücke hat einen spielerischen Hintergrund, entstand auf der Suche nach weiteren technischen und bogentechnischen Möglichkeiten. So spielte Rabbath vor sich hin: im Palais des Sports vor 5000 Zuschauern und zu Hause für sich und seine Schüler.  Das Rabbath conservatorywürde er vermutlich heute noch so machen, wenn ihm nicht Frank Proto über den Weg gelaufen wäre. Er hat Francois genötigt, das alles aufzuschreiben. Frank Proto hatte damals schon seinen eigenen Verlag : Liben Music. Dort wollte Proto die Musik von Rabbath veröffentlichen. Seitdem ist uns, den Kontrabassisten diese Sammlung erst zugänglich.  Ein Freiburger Kollege hat vor vielen Jahren mit einem Solostück von Francois sein Probespiel bestanden. In den achtzigern gehörte seine Musik noch zu einem Insider Geheimtip.

Ich habe in den ersten zwölf Jahren beim Philharmonischen Orchester Heidelberg viele Kontrabass Konzerte mit unserem Orchester aufgeführt und zu meinem Leidwesen stand in den Kritiken entweder “ das Erstaunen darüber, dass so etwas auf dem Kontrabass möglich ist “ oder aber der Aufschrei:2 Hilfe, die Möbelpacker kommen „. Nachdem ich die Solostücke von Francois entdeckt hatte änderten sich schlagartig auch die Reaktionen im Publikum : es war mit Rabbath’s Musik sofort spürbar, dass dies Musik vom und für den Kontrabass ist und in Kritiken wurde auch über Musik geredet.

 

 

 

Als er siebzig war und war gebrechlich,Drängte es den Lehrer doch nach Ruh’,Denn die Weisheit war im Lande wieder einmal schwächlichUnd die Bosheit nahm an Kräften wieder einmal zu.Und er gürtete den Schuh. Und er packte ein, was er so brauchte: Wenig. Doch es wurde dies und das. So die Pfeife, die er abends immer rauchte. Und das Büchlein, das er immer las. Weißbrot nach dem Augenmaß. Freute sich des Tals noch einmal und vergaß es, als er ins Gebirg den Weg einschlug. Und sein Ochse freute sich des frischen Grases. Kauend, während er den Alten trug. Denn dem ging es schnell genug. Doch am vierten Tag im Felsgesteine hat ein Zöllner ihm den Weg verwehrt: „Kostbarkeiten zu verzollen?” „Keine.” Und der Knabe, der den Ochsen führte, sprach: „Er hat gelehrt.” Und so war auch das erklärt. Doch der Mann in einer heitren Regung fragte noch: „Hat er was rausgekriegt?” Sprach der Knabe: „Daß das weiche Wasser in Bewegung mit der Zeit den mächtigen Stein besiegt. Du verstehst, das Harte unterliegt.” Daß er nicht das letzte Tageslicht verlöre, trieb der Knabe nun den Ochsen an. Und die drei verschwanden schon um eine schwaerze Föhre. Da kam plötzlich Fahrt in unsern Mann Und er schrie: „He, du! Halt an!” „Was ist das mit diesem Wasser, Alter?”Hielt der Alte: „Interessiert es dich?” Sprach dem Mann: „Ich bin nur Zollverwalter, doch wer wen besiegt, das interessiert auch mich. Wenn du’s weißt, dann sprich!Schreib mir’s auf. Diktier es diesem Kinde! So was nimmt man doch nicht mit sich fort. Da gibt’s doch Papier bei uns und und Tinte und ein Nachtmahl gibt es auch: ich wohne dort. Nun, ist das ein Wort?” Über seine Schulter sah der Alte auf den Mann: Flickjoppe. Keine Schuh. Und die Stirne eine einzige Falte. Ach, kein Sieger trat da auf ihn zu. Und er murmelte: „Auch du?”Eine höfliche Bitte abzuschlagen war der Alte, wie es schien, zu alt. Denn er sagte laut: „Die etwas fragen, die verdienen Antwort.” Sprach der Knabe: „Es wird auch schon kalt.” „Gut, ein kleiner Aufenthalt.” Und von seinem Ochsen stieg der Weise, sieben Tage schrieben sie zu zweit. Und der Zöllner brachte Essen (und er fluchte nur noch leise mit den Schmugglern in der ganzen Zeit). Und dann war’s so weit. Und dem Zöllner händigte der Knabe eines Morgens einundachtzig Sprüche ein und mit Dank für eine kleine Reisegabe bogen sie um jene Föhre ins Gestein. Sagt jetzt: kann man höflicher sein? Aber rühmen wir nicht nur den Weisen, dessen Name auf dem Büchlein prangt! Denn man muß dem Weisen seine Weisheit erst entreißen. Darum sei der Zöllner auch bedankt: Er hat sie ihm abverlangt.