Meine „Geigentochter“ Meike hatte an der Musikhochschule Unterricht über die Bogeneinteilung. Bei meinem genialen Lehrer Francois Rabbath hatte ich dazu eine einzige Übung: die richtige Bogengeschwindigkeit. Theoretisch benutze ich für jeden Notenwert den ganzen Bogen ( musikalisch macht das natürlich nicht immer einen Sinn). Das bedeutet, dass ich aus dem Handgelenk die Bogengeschwindigkeit vorwegnehme, dann gehe ich nur noch an die Saite und habe das richtige Timing vorweggenommen. Spiele ich dann noch mit dem richtigen Armgewicht, dann muss ich den Bogen nicht auf die Saite drücken. Da meine Genssler „Rabbath“ Saiten auf Drücken nur mit einem Knarzen reagieren verzichte ich auf das Drücken, reduziere das Armgewicht und ziehe besonders bei Akzenten und kurzen Tönen den Bogen mit grosser Geschwindigkeit durch und komme mit der Bogenhand oft da an, wo der Bogen meines Nachbarn noch in der Luft steht.
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Gedankensprünge mit und ohne Konsequenz – was wir von Gerald Hüter lernen können.
Stell einem Höhlenmenschen einen Ferrari vor die Höhle – er wird ihn nicht sehen, weil es ihn nicht geben darf. Erzählen Sie mir, dass Sie ab morgen im Urlaub sind. Sie fahren aber gar nicht weg und wir gehen in der Heidelberger Hauptstrasse aneinander vorbei. Sie können sich darauf verlassen, ich sehe Sie nicht weil Sie gar nicht in Heidelberg sein können.
In meiner frühen Jugend war jede Begegnung mit anderen Musikern eine gratis Unterrichtsstunde. Zeig mal, wie machst du das, warum kann ich das nicht, warum bin ich nicht selbst darauf gekommen. Meine Freunde mussten mir ihr Können auf Band spielen und ich habe es nachgeübt bis ich es auch konnte. Noten gab es dafür nicht. So habe ich es auch bei Francois Rabbath gehalten : solange nachgespielt, bis der ( heilige ) Geist seiner Musik in mich gefahren ist und ich dann meine eigenen Wege gehen konnte. Das habe ich schon in jungen Jahren von meinem Freund und Maler Hans Herbert Vollhardt gelernt. Er musste in seinem Kunststudium solange die Klassiker der Malerei kopieren, bis er so malen konnte wie sie. Nicht um Kunstfälscher zu werden, sondern um das Handwerk zu lernen. Learning bei doing also.
So erhalte ich immer wieder Komplimente von aussen über meine Art, die Saitenlage und die Hohlkehle einzurichten. Würde so etwas mir begegnen – ich würde mich sofort an meine Jugend erinnern: wie machst du das, warum habe ich das nicht.
Das liegt vermutlich nicht nur an Gerald Hüter und dem menschlichen Gehirn, sondern auch an Lehrern die ihren Schülern klipp und klar vermitteln, dass man das so macht und nicht anders. Jeder Schüler vertraut seinem Lehrer, sonst wäre er nicht bei ihm. Steht dann aber ein Ferrari vor der Höhle dann hat das menschliche Gehirn die Qual der Wahl : Bleibe ich meinem Lehrer treu und ignoriere den Ferrari – oder nehme ich den Ferrari wahr und stelle damit meinen Lehrer in Frage ?
Da haben wir das Dilemma des menschlichen Gehirns. Und das ist keine Frage der moralischen Bewertung sondern eine Tatsache die jeder in dem Buch von Gerald Hüter nachlesen kann: “ Gebrauchsanweisung für das menschliche Gehirn“
Walter Pfundstein im “ Querklang am Berghang “ am 22.2.2013 und sein eigenwilliges Gehirn
arkestra convolt hat ein Cello und einen Bass. Aber auch Michael Schneider kann sich nicht zweiteilen, so gab es bisher immer nur ein entweder oder. An diesem Abend ging es aber plötzlich doch: Walter Pfundstein trug J.S.Bach mit seinem Fünfsaiter auf satten sonoren Klängen. Obwohl er ehemals als E-Bass Rocker sein musikalisches Unwesen trieb, hat er wohl aus dieser Zeit sich seine musikalische Frechheit bewahrt und mischte mit wie Till Eulenspiegel das Geschehen aufmischte: hier seht mal, ich mach das jetzt einfach so. Wir würden nicht so darüber schreiben, wenn dies nicht zu dem geführt hätte was wir bisher erlebt haben: ein begeistertes Publikum. Wir haben seit diesem Abend ein neues Attribut für diesen Musiker: Walter Pfundstein, ein Pfunds-Bassist. Wir und das Publikum haben ihn erlebt , als wäre er von Anfang an dabei gewesen. Wir haben es immer gewusst: Bach und Pfundstein, das sind Namen, die merken wir uns.
Aber dann kommt sein musikalischer Alltag: Solobassist beim Tonart Orchester Heidelberg. Das ist ein Solobassist, der seine Stimme vom ersten Tag an übt. Aber er macht es sich leicht, er hat ja die Rabbath Technik gelernt. Es geht aber nicht voran, manche Stellen wollen einfach nicht in seine Finger. Das ist dann der Moment wo ich als sein Berater Mozart ins Spiel bringe:
Manche Passagen gehen musikalisch sinnvoll nur auf die neue Art. Andere sind nicht zu verbessern und machen auf die neue Art keinen Sinn. Faszit und Botschaft in alle Welt: Wir sind eine grosse Community und brauchen jeden und grenzen niemand und nichts aus. Sprach Michael Schneider und schickte diesen Blog in den Äther.
Tschaikovsky hat auch schon für die Rabbath – Technik komponiert
Mazeppa, eine in Deutschland nahezu unbekannte Oper Tschaikovskys. Die Proben beginnen. Unleserliche, kleingedruckte und verschmierte Noten liegen auf dem Pult. Ich weigere mich innerlich etwas zu üben, das ich nur wegen der Unleserlichkeit üben müsste.
Aber ich habe bei Rabbath verstanden: Tonarten und Kreuze oder Erniedrigungen (ich rede von Vorzeichen ) spielen keine Rolle mehr, weil ich nur noch in Tonschritten denke. Also: Ganz- oder Halbton Schritt. Meistens lege ich dafür den Daumen auf die Höhe des D auf der G-Saite. Das ist bei Rabbath die dritte Lage. Und schon fühle ich mich zu Hause. Ich lese wie gesagt keine Tonarten mehr, sondern nur noch Tanabstände.
Wenn ich in der gewöhnlichen Lage Bb-Dur spiele und den ersten Finger auf der A-Saite auf das E ( den Daumen dann stumm auf das Eb/Dis), dann spiele ich dieser Position quasi Bb-Dur. Das betrifft die Fingersätze, die Greifschablone. Die Tonhöhe und damit die Tonart sind andere. Kommt dann wie bei diesem Beispiel Chromatik mit ins Spiel, so muss ich meine Lage nicht verlasssen, sonder spiele einfach mit einem Finger entsprechend zwei Töne.
So finde ich immer eine Greifschablone, die es mir einfach und bequem macht. Passt die Bb-Dur Schablone nicht, dann nehme ich das Greifmuster von A-Dur, oder wenn es mehr Sinn macht das von G-Dur. Und schon scheint sehr vieles auch bei Tschaikovsky wie komponiert für die dritte Lage nach Rabbath.