Profis zu Besuch. Michael Schneider macht Musik mit den UmA’s im PHV. Deutsch und Musik im Auftrag des DRK Rhein Neckar.

Drei Abkürzungen! Wie viele davon können Sie in vollständiges Deutsch übertragen ?
33.3 % ? 66,6 % oder 100 %.
Ich lag bei der zweiten Möglichkeit. UmA’s gab es in meiner Schulzeit noch nicht.
“ Unbegleitete minderjährige Asylanten „.
Schon das letzte Jahr in der Breiten Seite Nummer drei in Sinsheim hat mich gelehrt, wie musikalisch und musikbegeistert Afghanen, Syrer und natürlich Afrikaner sind.
Für Minderjährige gilt das natürlich auch schon.

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Heute, am 5. April fanden Annette, meine Partnerin für den Deutschunterricht und ich bis auf Abdul Rahman eine komplette neue Gruppe junger Afrikaner vor.
Musik mit Flüchtlingen heißt : soviel Djemben wie möglich. Eine oder zwei verstimmte Gitarren tun es auch. Fremdharmonische Perkussion auf zwei Gitarren ist für Afrikaner kein Problem – für Michael Schneider spätestens seit heute auch nicht mehr.

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Heute ging die Post so richtig ab. Die Beweisphotos sehen Sie auf dieser Seite.
Dabei war ein Sänger – der junge Mann im grünen T-Shirt.
Er machte den Vorsänger. Immer wenn der Refrain kam: “ in Germany „, dann war lautes Trommeln aller angesagt mit Germany-Gesang der ganzen Gruppe.
We love Solidarity – in Germany.
We….. Hospitality ….We……Liberty……..!
Manches geschieht zum ersten Mal.
Das habe ich bisher noch nicht erlebt.

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Es gab im letzten Jahr die “ Willkommens-Kul-Tour der Sinsheimer Djemben Gambianer. Diese jungen Männer heute formulieren mit ihrer Musik was menschlich ungewöhnlich ist:
Bis sie volljährig sind beschützt sie unser Staat. Dafür bedanken sich diese jungen Menschen mit ihrer Musik.

Wir in Europa leben in einem unvorstellbaren Wohlstand. Unseren Reichtum haben wir in Afrika geklaut, die Länder ausgebeutet und sie in ihrer natürlichen Entwicklung gestört, weil wir meinten, wir sind das Non-Plus-Ultra dieser Welt. Die Flüchtlingsströme haben wir schon lange erwartet. Wohlstandsflüchtlinge waren uns schon lange angekündigt. Ein Jahrhundert der häufigsten Kriege liegt hinter uns und setzt sich gerade fort. Was machen wir ? Wir haben Angst um unseren unermesslichen Wohlstand. Wie krank ist diese Gesellschaft ?
Michael Schneider ist jedenfalls so krank, dass der sich wahnsinnig freut, wenn junge Flüchtlinge sich über unsere Wohltaten freuen.
Eigentlich sollte sich Deutschland bei diesen Menschen für das Chaos entschuldigen, das wir bei ihnen angerichtet haben.

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Was hier so positiv begann ist nur eine Volte, die ich auch in der Musik immer gelebt habe: Einmal alles umdrehen, infrage stellen, aus einer anderen Sicht betrachten. Danach kann ich zu meinem alten Standpunkt zurückkehren oder eben nicht. Jedenfalls habe ich mir Alternativen angeschaut. Dann erst habe ich ich die Möglichkeit der Wahl.
Aber bei einem Gedanken habe ich keine grosse Auswahl mehr:
Wenn sich das Philharmonische Orchester Heidelberg in der Affäre Yordan Kamdzhalov so tief unter die Gürtellinie begibt, dass die Nazis vor Scham fast ( nur beinah ) errötet wären, dann konnte Michael Schneider da nicht mehr mit machen.

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Ein viel schlimmere Variante:
Deutschland verkauft Waffen an Assad. Der bekämpft sein Volk. Eine Bombe aus Deutschland fällt auf das Haus von Abdul Rahman’s Familie in Syrien. Er überlebt den Bombenangriff als Einziger. Ein Auge bleibt ihm, drei Splitter im Körper, die Nase sehr vernarbt. Und nun gewährt ihm Deutschland bis zur Volljährigkeit Asyl. Dann aber beginnt erst das eigentliche Asylverfahren. Haben Sie noch Fragen ?

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Und immer wieder der Klang. Nada Brama – schrieb Joachim-Ernst Berendt. Francois Rabbath und der Komplex der Tradition. Was ist, das muss auch so bleiben wie es immer war. Fabien Bage und die Kunst des Erzählens bringt es auf den Punkt.

Grandios: alle haben es gehört. Mein Schwager Ingo Schneider: “ Dein Kontrabass mit den Genssler Saiten legt einen seidigen Klang über das ganze Philharmonische Orchester „.
Ein Kontrabassist kommentiert: Egal wo ich in der Stadthalle sitze, ich höre wenn dein Bass erklingt
.
Alle, so scheint es hören es . Aber meine Kollegen sind taub. Sie sind aber Musiker. Sie sollten das vielleicht auch hören. Das tun sie aber nicht. Ignorant bis zum Sankt Nimmerleinstag. Das dürfen sie auch, sie können tun und lassen was sie wollen.
Positiv formuliert: Meine Kollegen arbeiten gerne. Auch um Geld zu verdienen. Am Bass brauchen sie aber den Widerstand der Saiten.
Michael Schneider möchte gerne eine Antwort wenn er eine Frage stellt. Und zwar sofort, freiwillig und ohne Gezerre und Kraft. Ich rede von meinem Saiteninstrument. Isabel Schneider, Konzertmeisterin beim Philharmonischen Orchester Heidelberg formulierte das einmal so: “ Dein Bass spricht ja an wie ein Geige „. Na, das möchte ich mal bei der hohen Saitenlage, den Pirastro Saiten und einem dicken Griffbrett hören, wenn sie oder ein anderer Geiger die Bässe meiner Kollegen ausprobiert. Jeder nach seinem Geschmack.
Aber Michael Schneider ist faul. Er arbeitet nicht gerne, besser: überhaupt nicht. Das Leben ist ein Spiel, die Musik musss es erst recht sein. Darum verlangt er von seinem Instrument eine Antwort. Sofort, leicht und ohne Widerstand.
Dazu bedarf es eines dünnen Griffbretts, niedriger Saitenlage die es erlaubt, an jeder Stelle des Griffbrettes zu spielen. Eine hohe Saitenlage bedeutet auch, dass die Saite dem Finger so lange folgt, bis sie ihre natürliche Leer-Spannung erreicht hat. Ergo: Viel Arbeit, viel Bewegung, viel Widerstand. Wer es nicht anders kennt, der lebt damit. Wer auf der Suche ist, der findet irgendwann eine Lösung: Francois Rabbath oder Michael Schneider.

Ach ja, Fabien Bages, der fehlt hier noch. Darüber ein anderes mal, das ginge jetzt zu weit.

Cello und Unterricht bei Michael Schneider in Heidelberg mit den “ Golden Label “ Genssler Cellosaiten. Zen in der Kunst des Cellospiels.

Gestern teilte mir eine Schülerin mit: “ Wenn du auf deinem Cello spielst, dann wackelt hier der ganze Boden unter mir „.
Diese Aussage hat schon beim Kauf dieses Instrumentes zu der Feststellung geführt, dass ich nun der glückliche Besitzer eines Gorilla Cellos bin.
Michael Schneider ist bekannt für seine Übertreibungen ( die es aber meistens auf den Punkt bringen ). Vielleicht ein Allgemeinplatz, aber Pablo Casals hatte ein Gofrilla Cello, das mein Jugendfreund und ich in Gorilla umgetauft haben. Was verbinden Sie mit einem Gorilla ? Richtig. Dann verstehen wir uns.
Das Wackeln des Bodens in meinem Unterricht hat sicher sehr viele Gründe. Aber ich bin nicht Schuld daran, ich habe nie Cello studiert und keinen einzigen Meter Etüden geübt. Offiziell kann ich also gar kein Cello spielen.
Aber Michael Schneider hat seine Hilfskräfte.
Primo: Geigenbaumeister Matthias Kohl hat mir ein sehr leichtes Vogelahorn Cello gebaut. Wenig Masse, viel Resonanz-Bereitschaft des Holzes.
Secondo: Die Saitenlage ist extrem flach. Wenn ich die Saiten drücke, dann habe ich keinen weiten Weg bis zum Griffbrett. Umgekehrt verlassen meine Finger beim Loslassen sofort die Saiten weil der Weg extrem kurz ist.
Terzio: Meine Bogenhand arbeitet mit Gewicht, nicht mit Druck. Ich klebe mit meiner Bogenhand an der Saite, muss sie aber nicht “ runterdrücken “ um den Kontakt zu halten.
Quattro: Ein, das besondere Aufhängeseil von Gerold Genssler. Inzwischen empfehlen auch Geigenbauer – z.B. Wilfer – diese Erfindung. Es hat lange gedauert, bis die konservative Musikerwelt eingesehen hat, dass dieses Aufhängeseil den Klang spacemässig in eine andere Dimension katapultiert.
Quinto: Ich spanne den Bogen nicht wie einen Flitzebogen, sondern wie einen Streichbogen. Sind die Bogenhaare extrem gespannt, dann schmiegen sie sich auch nicht um die Saite, sondern haben einen minimalen Kontaktpunkt. ( Ich sitze in einem Orchester hinter einer Cellistin, sehe den stramm gespannten Bogen. “ Gib mir bitte mal deinen Bogen “ sage ich, entspanne ihn. Spontane Reaktion: das klingt ja viel schöner. Nächste Probe hat sie den Bogen aber wieder so fest gespannt wie einen Flitzebogen. Wie sagt der Humorist: “ Tel Aviv „. Ach so das verstehen Sie nicht ? Dann eben richtig, aber auf französisch: “ C’est la vie “ ).

Und jetzt geht es auf Englisch weiter: “ Last but not least „: Die Rabbath Technik. Ohne viel Üben kann ich alles spielen was ich mir vornehme.
Jetzt muss ich trotzdem noch einmal wiederholen: Üben fällt durch, mit Rabbath nicht weg.
Es geht um einen anderen Ansatz: mit Rabbath üben Sie Musik und suchen sich dann die Technik aus, die dazu passt. Auf herkömmliche Art lernen Sie eine Technik mit der Sie dann für den Rest Ihres Lebens klarkommen müssen.

Cello Unterricht bei Michael Schneider in Heidelberg. Erste Stunde: Alle meine Entchen in drei verschiedenen Lagen. Übersetzt ins Deutsche: Von unten bis oben an das Ende vom Griffbrett. Als Cellovirtuose vom ersten Tag an.

Also: das Lied “ Alle meine Entchen “ auf einer Saite gespielt. Das geht sauber oder auch nicht in wenigen Minuten. Hat der Spieler – also nicht Michael Schneider – das Prinzip von Ganz- und Halbtonschritten verstanden, dann verschieben wir das Ganze eine Oktave nach oben. Das ist dann oben wie unten, aber nur noch die Hälfte von den Abständen her. Das können wir dann noch einmal eine Quinte höher wiederholen. Und es funktioniert. Bei Lehrern herkömmlicher Denkart funktioniert dies nicht, weil es in ihrer Vorstellung nicht vorkommt. Der herkömmliche Weg endlos langer und vieler Etüden ist im Kopf fest verankert.
Michael Schneider bevorzugt die eine endlos lebendige und vitale Etüde: Die Bachsuiten von Johann Sebastian Bach. Da ist alles drin, vom Anfang bis zum Ende.
Das Schönste und Beste daran ist: die Bachsuiten werden nie langweilig oder ranzig. Und : bessere Etüden gibt es nicht.
Und die Bachsuiten ersparen auch einen Psychotherapeuten. Bach macht sie brotlos. Behauptet Michael Schneider.
Wenn Freund oder Freundin dich verlässt : du brauchst dich niemals umzubringen wenn du die wunderbare Musik von Johann Sebastian Bach hast, vielleicht auch schon kannst.
Das ist meine überzeugte Botschaft an meine Schüler-Pubertisten. Ich sehe die zweifelnd-fragenden Blicke. Ich weiss dann: noch nicht überzeugt. Aber ich glaube daran, ganz entgegen der Tradition, ganz entgegen der herkömmlichen Unterricht Tradition.
Das Ergebnis ist schön und manchmal schauerlich.
Schön ist das Glück meiner Schüler. Weniger schön ist die Ablehnung von andere Seite, wenn meine Schüler nach sehr kurzer Zeit etwas können, was sie nach herkömmlicher Vorstellung noch gar nicht können dürfen. “ So spielt man nicht Cello. Du musst erst mal einen Meter Etüden durcharbeiten „. So lautete der Kommentar einer Stimmführerin der Celli in einem Laienorchester. So weit kann die Angst vor dem Neuen gehen, bis zum Mobbing.
Das ist die Angst vor dem Neuen, dem Unbekannten. Angst vor Veränderung: sie kann besser sein, anders sein. Aber sie fordert heraus, stellt infrage, was bislang selbstverständlich war.

Die „ UMA’s im PHV in Heidelberg treffen auf Michael Schneider. Der Profi wird zum Amateur. Bislang hiess es auf dieser Seite: „ Der Profi zu Besuch „. Jetzt bekommt Michael Schneider Besuch von einem Trauma.

Michael Schneider schickt an dieser Stelle eine Bemerkung voraus: Ich beteilige mich als ehrenamtlicher Helfer an der deutschen Willkommenskultur für die ärmsten Menschen auf dieser Welt. Davor bemühte ich mich um Heidelberger Randjugendliche, Schüler der Waldparkschule in Heidelberg Boxberg. Aber weder die Schulleitung noch der GMD Cornelius Meister oder der Intendant wollten etwas davon wissen. Auf sich allein gestellt ist ein angestellter Musiker bei der Stadt Heidelberg machtlos. Das Angebot für gratis Musikunterricht könnte in Konkurrenz zur Musikschule stehen. Und: Ideen von Mitarbeitern sind an Theatern grundsätzlich unerwünscht.
Ergo: Primo Heidelberg. Secondo Die UMA’s.

Das Deutsche Rote Kreuz Rhein Neckar unterhält das „ fliegende Klassenzimmer „ im Patrick Henry Village. Täglicher Unterricht in Deutsch, Mathe, Kultur und von Michael Schneider ein kleiner musikalischer Beitrag.

Es ist der 29. März 2017. Annette und Claudia beginnen mit dem Morgenkreis: ein Ball wird in die Runde geworfen, verbunden mit Fragen auf Deutsch.
UMA : Unbegleitete minderjährige Asylanten.
Sie stehen unter dem Schutz der deutschen Bundesregierung. Bis sie das 18. Lebensjahr erreicht haben. Dann erst wird über ihre Daseinsberechtigung in Germany entschieden. Frage: gibt es auf dieser Welt eine bessere Einstellung?

Der Unterricht im fliegenden Klassenzimmer ist nicht für Erwachsene Männer. Also: ab 18: ein Mann.
Aber : ein Mann wollte mitmachen durfte aber nicht.
Abdul Rahman, ein Junge aus Syrien ( mehr als fünf Millionen Syrer sind auf der Flucht ) regte das sehr auf, er selbst ein UMA, sechzehn Jahre jung. Die Runde war blockiert.
Michael Schneider schnappt sich eine Hand von Abdul Rahman und zieht ihn vor die Tür. Zum Reden.
Dann: Kaffee in der Stadt in der Frühlingssonne. Abdul Rahman will reden.
Er braucht noch seinen Ausweis, sonst kommt er nicht mehr ins das PHV. Ein Sozialarbeiter kommt mit ihm aus dem Wohnhaus: Wer bist du? Was willst du…….?
Ich möchte ihm helfen, zuhören.

Wir landen in einem arabischen Kaffee. Abdul Rahman hat seine Zigaretten vergessen. Und ich genügend Geld. Also frage ich eine Bedienung, eine arabische Frau nach Zigaretten. Abdul bekommt gleich zwei gedrehte Zigaretten ( der staunt ). Als ich zahle fragt eine der arabischen Frauen: Hat der junge Mann genug zu rauchen gehabt ?
Danke ihr Lieben, wir kommen bestimmt wieder zu euch und euren leckeren Kaffee ( O-Ton Abdul Rahman ).

Das war also eine schöne Sonnensitzung.
Äusserlich. Innen drin weiss Abdul Rahman nicht so recht, wie es das Leben mit ihm meint. Oder: wie er es mit diesem Leben meinen soll.

Er erzählt:
Wir waren in unserem Haus, meine Familie, und ich. Wir reden. Irgendwann will ich duschen gehen.
Noch ist alles gut.
Gleich aber nicht mehr:
Eine Bombe fällt auf das Haus. Abdul fliegt durch die Luft.
Nase auf einer Seite ziemlich defekt. Heute noch. Splitter in der Schulter, Bein und Knie. Im Knie heute noch. Das rechte Auge: es ist noch drin, lebt aber nicht mehr. Kann ein Auge leben? Nein, es kann sehen, solange es drin ist und keinen Kontakt mit Bomben hat.
Seine Eltern, seine Familie?
Ich gebe es wieder wie ich es gehört habe: ein Kopf ist ab, Beine, Füsse: weg.
Abdul denkt zwei Monate im Krankenhaus, dass es seiner Familie so geht wie ihm: schlecht, aber lebend. Dann erfährt er: Er ist allein.
Doch nein, er ist gar nicht so allein. Da ist ein Onkel in Deutschland. Da will er hin. Aber der Onkel will nichts von ihm wissen.
Jetzt ist Abdul wirklich allein.
Nein ist er nicht, die Deutsche Bundesregierung und das Jugendamt beschützen ihn.
Wirklich? Können sie seine Seele beschützen ?

Johann Sebastian Bach trifft auf Francois Rabbath und der Franzose hat eine grandiose Idee. Die gefällt dem Musiker Michael Schneider sehr.

Gestern war Sonntag der 26.März 2017. Chorkonzert in Mosbach: “ Ein feste Burg ist unser Gott “ war das Motto dieses Konzertes. Gespielt wurde auch die Kantate gleichnamigen Titels, sowie die Orchester Ouvertüre D-Dur. Wieder einmal hat Michael Schneider nicht geübt. Heute hier, morgen da, so geht das bewegte Rentnerleben. Endlich Zeit zum Üben. Bach üben: täglich bis immer. Auch in Gedanken. Aber: für das Chorkonzert reicht die Zeit dann doch nicht so richtig. Michael Schneider ist fleissig – mit seiner nun anlaufenden Karriere beschäftigt, aber nicht mit einem Chorkonzert. Warum kann er sich das leisten?
Ganz einfach: die Rabbath Technik macht es möglich.
Die folgenden Beispiele meinen Fingersätzen versehen verdeutlichen die Idee einer völlig anderen, vom immer noch herkömmlich beliebten “ Simandl-Denken “ beeinflussten Spielweise.
Die dritte Lage nach Rabbath: der Daumen liegt auf der G-Saite auf dem D und wandert entsprechend der Melodik über die Saiten. Damit stehen dem Spieler 16 Töne zur Verfügung ohne dass er sich aus der Lage bewegen muss. Tonerhöhungen erfordern hier keinen Lagenwechsel, sondern nur die Veränderung eines Fingers um einen halben Ton höher oder tiefer, bzw. manchmal kommt auch der Daumen einen halben Ton höher oder wieder tiefer zum Einsatz.
Was bedeutet das für mich? Ich brauche keine Fingersätze. Jede Veränderung bedeutet nur eine Halbton-Veränderung, aber nie ein Lagenwechsel. Das heisst auch, dass ich diese Passagen nie üben muss. Auf herkömmliche Simandl-Art “ gespielt muss ich oft bis immer für einen halben Ton einen Lagenwechsel ausführen. Jahre später muss ich dann für diese Passage wieder Fingersätze suchen die ich vergessen habe.
Mit der Rabbath Technik erübrigt sich das phänomenal: es kostet mich einen “ Fingerschnipp “ weil ich gelernt habe in Tonschritten zu denken.
Damit verbunden ist für mich auch noch ein ganz anderes Phänomen:
Die Rabbath Technik ist auch die Entdeckung der Langsamkeit. ( Ich erinnere an den Roman von Sten Nadolny: “ Die Entdeckung der Langsamkeit “ ).
Filmaufnahmen mit Rabbath zeigen: je schneller er spielt, desto langsamer sieht es aus.
Mit der Simandl-Technik sieht es immer nach Arbeit aus, heftige Lagenwechsel, ständige Bewegung wegen eines Halbtones, ständig rauf und runter auf einer Saite. So lieben es die traditionell erzogenen Bassisten. Der ganz grosse Nachteil dieser Technik, dieser Spielweise ist: Je mehr Bewegung, desto hektischer die Optik ( ebenso wie die tatsächliche Bewegung ). Mit Rabbath, dem Pivot, der Kapotaster-Lagentechnik, dem Krabbengang sieht es aus wie nichts. Und das ist es dann auch: nichts, keine Arbeit, nur noch reine Spielfreude und die quasi auch noch vom Blatt.

Bach - Orchesterstellen Kantat 80 - Ouvertüre

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Der Heidelberger Tatort ! Das Philharmonische Orchester Heidelberg und Donald Trump ! ? Ähnlichkeiten einer ungeahnten “ Schlimm-Verbesserung „.

Das Philharmonische Orchester Heidelberg ist berühmt-bekannt durch den Raussschmiss zweier Weltklasse Dirigenten. Das waren Mario Venzago und Yordan Kamdzhalov. Im Fall von Yordan Kamdzhalov ist bemerkenswert, dass das Orchester es dem extra für den Rausschmiss gewählten Vorstand nicht gedankt hat. Gleich nach dem Raussschmiss von Yordan trat der Tutti Bratscher Herr Schlesinger beleidigt zurück, weil er sich noch einmal zur Wahl stellen sollte. Die anderen Vorstandsmitglieder traten auch nicht mehr neu an, besonders der Konzertmeister Herr Stöckl hat dankend abgelehnt. Das scheint eben die Quittung des Lebens für unsauberes Verhalten.
Im Zusammenhang mit Donald Trump scheint sich die sogenannte zivilisierte Welt einig zu sein. Dass die Ziele des neuen U.S. Präsidenten keine Verbesserung bedeuten, das ist zumindest links von den Republikanern klar.
Was hat das mit dem Philharmonischen Orchester Heidelberg zu tun ?
Das Philharmonische Orchester Heidelberg hat nach meinem Ausscheiden meinen weltberühmten Kontrabass gekauft, der mit den Genssler Saiten nach Aussagen vieler Hörer in den Sinfoniekonzerten einen seidenen Klang über das gesamt Orchester legt. Das war der Fünfsaiter, den der Solokontrabassist der Berliner Philharmoniker in den 1930er Jahren für seinen Sohn gekauft hat.
Aber es gibt viele Menschen die alles besser wissen: meine Saiten wurden abgenommen, ein neues Griffbrett war nötig, dick und stark gekrümmt, das alte war zu dünn gehobelt. Neuer Steg, ganz anders als bei Michael Schneider. Neuer Saitenhalter. Sogar ein neuer Stachel war wichtig.
Gesagt, getan: Der Bass wurde in Freiburg von einem Spezialisten nach Heidelberger Wunsch umgeändert.
Und jetzt? Niemand spielt auf ihm. Er klingt spröde, hart. Ansprache: unbefriedigend.
Jetzt liegt er in der Ecke. Für viel Geld in das Nichts verbannt. Niemand mag auf ihm spielen. Das nenne ich : Luxus.
Es ist die seltsame Wahrnehmung von Menschen die alles besser wissen. Sie glauben es, sie müssen es glauben, denn sonst müssten sie sich infrage stellen, einmal nachdenken.
Meine Kollegen sind ihrem eigenen Irrtum aufgesessen: Der wunderschöne und bei Bedarf auch kraftvolle Klang, der seidene Klangteppich, die weiche und klare Ansprache: Davon haben sie erwartet, dass mit ihrer Vorstellung alles noch viel besser würde. Leider, leider: nein. So wie das Massieren der Saiten keinen Klang, geschweige denn einen schönen Ton bringt, so wenig kooperieren eure Vorstellungen mit den Grundeinstellungen eurer Instrumente.
Ein Geiger hat mir vor Jahren über die Rabbath-Technik erzählt: “ Die normalen Bassisten lernen eine Technik und versuchen damit klar zu kommen. Mit der Rabbath Technik lernt man Musik und sucht sich dann die Technik aus die dafür passt „.

RabbathTechnik – leicht und billig wie im Supermarkt ? Bei Michael Schneider gibt es das fast umsonst. Aber für Interessierte übernimmt er das Üben noch nicht. Warum sollten die Bassisten des Philharmonischen Orchesters Heidelberg diese Technik lernen?

Leicht – das ist die Rabbath Technik wenn man sie kann.
Das hat schon Karl Valentin erkannt: „ Wenn man es kann, dann ist es ja keine Kunst mehr. „
Diese Erkenntnis gilt auch für die dafür notwendige richtige Einrichtung des Instruments.
Flache Saitenlage mit entsprechend flacher Krümmung des Griffbrettes, weil mit der Rabbath Technik nicht mehr gearbeitet, bzw. gedrückt wird. Also kann man sich eine hohe Saitenlage ersparen. Wenn der Weg zwischen Saite und Griffbrett nicht weit ist, dann spart dies enorm Zeit. Denn beim Verlassen der Saite folgt sie dem Finger nicht so weit nach. Ich bin also im Umkehrschluss auch schneller auf dem Griffbrett als bei einer hohen, höheren Saitenlage.
Ausserdem klingt jede Saite viel schöner, wenn sie nicht zu sehr eingeknickt werden muss.

Dies alles war so bei meinem wunderbaren Fünfsaiter entsprechend eingerichtet, den der damalige Solobassist der Berliner Philharmoniker in den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts seinem Sohn gekauft hat.
Nun war in den letzten Jahren bekannt, dass Michael Schneider einiges ganz anders macht als der deutsche Mainstream. Das Philharmonische Orchester Heidelberg hat diesen Bass nach meinem Ausscheiden vor einem Jahr gekauft.
Alles neu macht er Mai: neues Griffbrett, hohe Saitenlage, andere Saiten, anderer Saitenhalter, anderer Stachel und wer weiss was noch alles verändert wurde.
Ergebnis: niemand hat mehr Lust, auf diesem Bass zu spielen. Er klingt spröde und kratzig, antwortet nicht mehr auf Fragen. ( Das heisst auf Deutsch: es braucht viel Kraft bevor die Saite anspricht ). Die hohe Saitenlage tut ein Übriges, erfordert einen erhöhten Kraftaufwand.

Daraus folgt für Michael Schneider:
Die Rabbath Technik ist auch eine musikalische Überlebensphilosophie.
Will ich arbeiten wenn ich Musik machen will ?
Will ich mit Kraft spielen ?
Will ich einen kratzigen Ansatzton ?
Betrachte ich das Instrument als Bodybuilding Element, weil ich ja auf „ Arbeit „ bin?

Michael Schneider hat noch nie in seinem Leben gearbeitet.
Besser formuliert: nicht arbeiten wollen .
Ergo war ich immer auf der Suche nach Erleichterung, Verbesserung sowie Veränderung.
Diese Lebenseinstellung öffnet viele Sinne für neue Varianten gegen das Alte, das Starre und in der Musik Überkommene.
Kein Geiger würde auf einer Geige spielen, die soviel Widerstand bietet wie viele Saiten auf den Kontrabässen, die dann auch noch mit viel zu hoher Saitenlage eingerichtet sind.

Sommer 2016 nach einem Konzert in Berlin. Michael Schneider hat Bach auf dem Cello gespielt. Eine Frau aus dem Publikum muss es mit erzählen: „ Ich habe noch nie gehört, dass ein Cello so weich klingen kann.“

Das allgemeine menschliche Problem mit der Rabbath Technik ist, dass jemand sich infrage stellen muss, ob das bisher Gelernte das Optimum des Möglichen war. Oder ob er, um neue Kontinente zu entdecken, den alten aus den Augen verlieren muss.
Die Geschichte aus der Bibel mit dem Nadelöhr, die ist wohl noch bekannt. Warum sollte ein gestandener Bassist durchs Nadelöhr gehen, der doch mit Franz Simandl sehr gut versorgt wurde ?

Profis zu Besuch – Michael Schneider ist offizieller Kooperationspartner der Realschule Waibstadt.

Profis zu Besuch. Der Philharmoniker Michael Schneider ist offizieller Kooperationspartner der Realschule Waibstadt.
Die Akteure am 18. November 2016:
Die Klasse 9 von Frau Sybille Bachmaier.
Die Französisch Lehrerin Andrea Häusl.
Die Schriftstellerin Vanja Simeonova.
Michael Schneider, Violoncello und Walter Pfundstein, Kontrabass.
David Loeb, Komponist, vertreten durch seine Dúo Kompositionen.

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Am 18. November 2016 präsentierte ein Lyrik-Musik Workshop den Schülern und Schülerinnen der neunten Klasse Musik des New Yorker Komponisten David Loeb sowie Lyrik von Klassik bis brandaktueller Prosa-Lyrik von Vanja Simeonova.
Schräge Musik für diese jungen Menschen, die andere Hörgewohnheiten haben als moderne klassische Musik oder inhaltlich heftige zeitgenössische Lyrik.
Aber es geht hier nicht um die Frage, ob der Klasse neun diese Musik gefällt. Es geht um die Frage der Ausgrenzung und Ablehnung von Unbekanntem, noch nie Gehörtem. Lasse ich mich darauf ein es kennen zu lernen, dann kann ich hinterher entscheiden ob es mir gefällt oder nicht. Dann habe ich bei meiner Entscheidung die Wahl zwischen zwei Erfahrungen. Lehne ich etwas ab ohne es genauer zu kennen, dann lebe ich ein Vorurteil, also eine einseitige Entscheidung.

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Aber: auch die “ Macher “ dieses Workshops konnten viel lernen an diesem Vormittag. Die SchülerInnen sollten von allzu hartem Tobak verschont bleiben, die Akteure wiollten die Jugend nicht verprellen.
Aber was waren die stärksten Momente dieser drei Schulstunden?
Ein Gedicht untermalt mit Musik. Natürlich wissen die Profis, wann es zuviel ist oder zuwenig und wann ein musikalischer Kommentar intensivierende Wirkung hat. Aber das war auch der Sinn dieses Workshops. Eine weitere sehr heftige Reaktion löste ein Gedicht von Vanja Simeonova aus, das sie selbst vortrug passend zum Leitthema der Realschule Waibsstadt : “ Wir geben Mobbing und Ausgrenzung keine Chance. „

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Neue Nachrichten vom Solocellisten Michael Schneider : eine neues Cello von Matthias Kohl, Heidelberg – ausgestattet mit optimal-finalem Zubehör.

1. Ein Totalschaden an meinem “ Bembel “ Cello ( so genannt wegen der gemusterten Randeinlagen ) in diesem Frühjahr sorgte für frischen Wind und Bewegung in der Cello Welt.
Geigenbaumeister Matthias Kohl präsentierte mir seinen Neubau aus Vogelahorn und Haselfichtendecke. Ein unglaublich leichtes Instrument, buchstäblich leicht wie eine Feder. Schon bei den ersten jungfräulichen Tönen vermittelte es Spielfreude und Wohlbefinden.
2. Einbau der Lauffer Feinstimmwirbel. Nie wieder Stau an den Feinstimmern, vorbei die ewige Kollision von Bogen- und Stimmhand.
3. Ein schwerer Ebenholz Saitenhalter, in diesem Fall Eigenbau. Dies empfiehlt Gerold Genssler zu seinen “ Golden Label “ Saiten.
4. Gerold Gensslers Spezial Aufhänge Seil. Inzwischen auch von den konservativsten Kontrabassisten empfohlen und anerkannt.
5. Jetzt kommt der Hammer: Die Genssler Saiten: schnelle Ansprache, warmer Ton ( besonders auch für die Freunde der historisch informierten Aufführungspraxis zu empfehlen ).
Leider riss dann eine gut eingespielte A-Saite. Das erwähne ich, weil ich schon mehrfach darüber geschrieben habe, dass Michael Schneider Anno 2010 ein halbes Jahr gebraucht hat um diese Saiten optimal zu handhaben. Das ist verständlicherweise ein Grund, warum diese Saiten nicht die erwartete allgemeine Anerkennung finden. Nicht jeder Cellist heisst Felix Schönfeld oder Michael Schneider und bleibt hier am Ball.
Jetzt kommt der absolute Hammer: Es ist Gerold Genssler gelungen eine A-Saite herzustellen, die schon am zweiten Tag perfekt reagiert und auch klingt.
Ich konnte sogar feststellen, dass die drei tiefen Saiten mit der neuen A-Saite ihren Kraft- und Wohlklang noch einmal verdoppeln.
Plötzlich hat mein Kohl-Cello eine richtig bassige C-Saite.
6. Die Recital Box liefert dazu das Klangvolumen einer Kathedrale mit langem halligen Nachklang. Wer im Internet recherchiert, der wird feststellen, dass dieses Gerät nicht nur in Heidelberg von mir begeistert genutzt wird.
Übrigens: Der Kontrabassist Walter Pfundstein benutzt die Cello Box auch auf seinem Fünfsaiter.