Johann Sebastian Bach – Francois Rabbath und die Cellosuiten

Die Amerikaner schulden Francois Rabbath viel, er hat  ihnen die  Bach Cello Suiten über den Atlantik gebracht. Zunächst Satz für Satz, bis diese Sätze quasi ein “ Muss “ in den Staaten auch bei Probespielen geworden sind. Als ich die ersten Schallplatten von Rabbath in den Händen hielt,  hörte ich wunderbare Musik und einen Jazzer, der auch KLassik spielen wollte: einzelne Sätze aus den Suiten, die in seinen  Jazzkonzerten ( z. T. mit zwei Schlagzeugern ) Neugier weckende Kontraste waren,  aber deutlich das Bemühen eines Jazzers um die Klassik zeigten.  Im  Januar 2013  präsentierte Francois seine neueste CD in Paris in einem Recital. Wir hören: Bach lebt. Während viele andere sich noch um Fryba bemühen, gibt er sich erst mit dem Original zufrieden und vor allem : in der Original Lage.

Aber deswegen bin ich gar nicht hier in diesem Blog, denn jetzt geht es erst los:

Lange bevor er sein geplantes Ziel erreichte, hat J. S. Bach ihn auf ganz andere Weise inspiriert. In seiner “ Nouvelle Technique de la Contrebasse “ gibt es im ersten Band zehn nummerierte Etuden. Von Bach lieh er sich verschiedene Themen aus und verarbeitete sie auf seine Art in den Etuden. Seit  vielen Jahren begleiten mich diese wunderbaren Ideen persönlich und im Unterricht. Die erste Etude lernt jeder Anfänger in der ersten Stunde und kann sie spielen. Mit verschiedenen Bindungen, Synkopen, Achtel, Sechszehntel, Jazzphrasierungen. Heinrich Heine hat in der Nacht an Deutschland gedacht.  Bei Simandl denke ich an die vielen Bass Schüler Tag und Nacht. Im dritten Band von Simandl beginnt so langsam das musikalische Leben, der Alltag sozusagen. Als ich dort ankam, war ich von dem vielen langsamen Hin und Her so festgelegt, dass es für mich richtig schwer war diverse Bindungen richtig zu spielen.

Jetzt werfen wir einen Blick in den dritten Band der “ Nouvelle Technique „:  Da gibt es eine Gigue, ( Thema von Bach aus der zweiten Suite d-moll ) die  mir gerne jemand mit zwanzig Jahren Berufserfahrung vorspielen darf. Und weil er so lange schon spielt: auch gerne vom Blatt.

Deutsche Bogenführung – oder : Französische ?

Also: die Deutsche ist Russisch und die Französische: Italienisch.

Also ist jede Anfeindung a priori schon einmal falsch. Aber was soll es: es werden beide in Zukunft miteinander leben. In den USA , England uns Skandinavien tun sie es schon lange. Nur die Berliner Philharmoniker sind noch so borniert wie urdeutsch (Was ist das ? Kann mir jemand das erklären ? ).

Ich versuche es:  In Carl Zuckmayers Drama  “ Des Teufels General “ erklärt Flieger General Harras einem Offizier was “ Deutsch “ ist, weil dieser sich Sorgen um seinen Stammbaum macht.  Deutsch ist, was die vielen Völker, die durch Deutschland, Germanien gezogen sind,  hier hinterlassen haben  oder geblieben sind, die Mischung aus vielen Völkern die sich hier vermischt haben.  Alles klar ? Welche Bogenführung ? Wichtig ? Kaum! Deutschland ist in den letzten  Jahren auch in der Hautfarbe deutlich bunter geworden.  Ein Mangel ? Ein ganz großes Geschenk. Unsere künftige Stärke. Deutsche und Franzosen wären ohne diese Veränderung armselige Pedanten.

Ein Abend gegen achtzehn Uhr um den Gare de L‘ Est: Das Paradies. Die Strassen sind voll von Menschen. Das verbale und kommunikative “ amuse gueule “ findet hier statt: die schönsten Menschen die Paris zu bieten hat zeigen sich in ihrer faszinierenden Schönheit. Das wünsche ich mir auch in der Musik.Wenn ich Francois wieder besuche, dann bringe ich einige mit.

Bögen oder Bilder ? Wie  Sie möchten.

Der Fakor Feeling – Sequenzerspuren mit Gefühl – oder mit Yordan Kamdzhalov

Haben Sie Gefühle ? Selbstverständlich. Aber welche Gefühle haben Sie, wenn die Streicher Ihnen beim Pizzicato ( Zupfen ) ein breitangelegtes Arpeggio hinblättern ? Sie finden das toll ? Dann brauchen Sie nicht weiter zu lesen. Dann hat sich das Thema erledigt. Jazzmusikern ist dieses Thema nur allzu geläufig: der Blues schleppt, der Swing treibt, der eine wird jedoch nicht ständig schneller und der andere nicht langsamer, es soll nur das Gefühl davon entstehen. Aber lesen Sie selbst, Michael Stewart hat dieses Phänomen technisch-musikalisch und philosophisch unter die Lupe genommen. In der Klassik ist es nicht anders und nur wenige Dirigenten und Orchester wissen und beherrschen dies. Ich habe Dirigenten erlebt , die verlangten, dass ein Pizzikato genau in dem Moment kommt, wenn sein Schlag unten ist. Das hat nie funktioniert, denn ein Dirigent ist in dieser Hinsicht nur ein Taktschläger  und Metronom. Der Moment, in dem die Pizz oder Arco-Töne kommen ist der Feeling Moment.  Ich habe noch keinen Dirigenten erlebt, der das Feeling dirigieren konnte.Das Tempo seiner Bewegungen steuert das Timing natürlich. Aber eins zu eins dirigieren geht einfach nicht.

Der derzeitige GMD  des Philharmonischen Orchesters Heidelberg , Yordan Kamdzhalov ist in der Homogenität seines Dirigats eine absolute Ausnahme. Er ist der erste Dirigent in meinen vergangenen 32 Jahren in diesem Orchester, der nicht Musik dirigiert, er ist die Musik am Pult.

Der nachfolgend abgedruckte Essay stammt aus der Zeitschrift Keyboards, verfasst von Michael Stewart in der Übersetzung von A. Merck und ist fünfundzwanzig Jahre alt.( 03/88 ). Abdruck hat noch keine Genehmigung.

J.S. Bach. Die h-moll Suite auf dem Cello und dem Kontrabass

Joh. Seb. Bach : h-moll Suite ( BWV 1067 )

1. Satz, Allegro: h-moll ist keine schwierige Tonart auf dem Kontrabass. Mein Problem in der h-moll Suite war viele Jahre, dass gleich beim Allegro Thema im Bass ein“ gis“ und ein „ais“ auftauchen. Dadurch muss ich mehrfach für einen Halbton einen Lagenwechsel machen, genau genommen zwei – hin und wieder zurück. Also doch unangenehm. Lege ich nun den Daumen auf die Höhe vom d auf der G-Saite und bleibe in dieser Position ( nach Rabbath also die Dritte Lage ), dann habe ich alle Töne in einer Hand über vier Saiten. Für das “ ais “ setze ich den Daumen einen halben Ton höher, für das “ gis “ und später “ dis “ nehme ich jeweils den dritten Finger. So habe ich die erst Passage (  Takt 34-50 ) in einer Hand, muss für Halbtonveränderungen keinen Lagenwechsel machen und gewinne Zeit für die Musik. Flötisten haben manchmal schnelle Finger und somit auch flotte Tempi. Das stört mich nun aber nicht mehr, das brauche ich auch nicht mehr zu üben. Überhaupt : einmal in den Fingern bleibt es bei mir, auch wenn viele Jahre zwischen dem letzten Konzert liegen.Bevor ich diesen Weg gegangen bin, musste ich dieses Stück immer wieder neu üben, auch die schnellen Tempi.

Auch heute noch wird gelehrt, dass es nach Franz Simandl 13 Lagen bis zur Oktave, gibt , dann kommt die Daumenlage und dann gar nichts mehr. Es ist selbstverständlich, dass die Daumenlage in Kontrabasskonzerten benutzt wird. Bei Orchesterstellen jedoch nur , wenn es nicht anders geht. Ich werde in weiteren Beispielen mir unangenehme Passagen vorstellen, die durch das Lagendenken von Francois Rabbath plötzlich sehr leicht werden mit dem wunderbaren Nebeneffekt, dass sie der Erinnerung nicht mehr verloren gehen.

Auf dem Cello verhält es sich ähnlich. Ist erst einmal eine Sicherheit mit dem Daumenspiel erreicht, so kann jeder Hobbymusiker schon schwierige und schnelle Passsagen bewältigen, für die er andernfalls Jahre üben müsste um die vielen Lagenwechsel beherrschen zu können.