Die optimal flache Saitenlage beim Kontrabass und die Lernfähigkeit des menschlichen Gehirns

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Alter französischer Bass von Herrn Wilhelm

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Die Berliner Philharmoniker und der Französische Fünfsaiter von Michael Schneider

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Groove-it Michael Schneiders Französischer Fünfsaiter

Geht es noch flacher ? Das hängt davon ab, ob ich mit Druck spiele, presse und versuche mit Gewalt die Töne zu erzwingen. Spiele ich mit dem Armgewicht, dann kann ich ohne Arbeit und Druck einen satten sonoren Klang erzeugen. Sogar die 113 cm Mensur meines alten französischen Basses macht absolut keine Probleme, weder in der linken Hand, noch in der Bogenhand. Dabei habe ich dieses Instrument nur erwerben können, weil sein Vorbesitzer mit der grossen Mensur nicht mehr zurecht kam. Herr Gerigk, aus Köln, einer der Erfinder der Vibrationsentdämpfung hat mir gezeigt, dass es möglich ist einen Kontrabass so einzurichten, dass er an jedem Punkt auf dem Griffbrett gut spielbar ist, ganz gleich, welche Saiten  gespielt werden.

Gesagt, getan. Ein Kunde kommt mit seinem Fünfsaiter, lässt sich diese optimal-flache Saitenlage einrichten. Ruft am nächsten Tag an. Die tiefe H-Saite scheppert. Dann muss ich wohl noch einmal ran. Ach nein, jetzt weiss ich es, unterbricht er mich: ich muss nur nicht soviel drücken. Wegen Zufriedenheit habe ich deswegen nichts mehr von ihm gehört.

Dann wiederum ist das Gehirn ganz anderer Meinung als das Gefühl. Mir erzählt eine Kollegin, dass über mich geredet wurde. Aha, warum ? Ich habe einen Schüler, der hat seinen Bass bei dir einrichten lassen. Wenn ich die Pirastro Saiten drücke weiss ich nicht, ob ich schon gedrückt habe. Sagte es, ging nach Mannheim an ihre hohe Saitenlage und drückte weiter.

Ich wurde einmal krank, eine Kollege musste einspringen und  spielte das Weihnachtsoratorium auf meinem Bass. nach dem Konzert rief ich ihn an, wollte wissen ob alles gut gelaufen ist. ja , Klasse, hat Spass gemacht, besonders auf deinem Bass, der spricht so leicht an und lässt sich gut spielen. Ging wieder an seinen Bass und……………………..

Kontrabass – 5-Saiter zu verkaufen. Er stammt von den Berliner Philharmonikern. Michael Schneider zieht sich vom Orchester zurück. Sein Bass wird verkauft, weil der in ein grosses Sinfonieorchester gehört.

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In den 1930er Jahren kaufte der damalige Solokontrabassist Herr Wilhelm von den Berliner Philharmonikern einen alten französischen Fünfsaiter, den er dann seinem Sohn vermachte, der ihn bis 1980 in der Stuttgarter Staatsoper spielte. Dann konnte Michael Schneider dieses phänomenale Instrument erwerben. Das Instrument ist heute ca 180 Jahre alt. Es zeichnet sich aus durch einen wunderschönen kräftig samtenen Ton. Seit einer Vibrationsentdämpfung in den achtziger Jahren spricht der Bass an wie ein Cello.
Mit Professor Doris Geller von der Mannheimer Musikhochschule haben wir im Flötentrio ( mit Kontrabass Besetzung ) viele Bässe ausprobiert. Frau Prof. Geller befand, dass dieser Bass der Berliner Philharmoniker das schnellste und klarste Instrument in der Ansprache ist, das wir kennen.

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Mein erster GMD, Herr Christian Süss sprang während einer Orchesterprobe plötzlich vom Dirigentenpult auf Michael Schneider zu, um den wahnsinnig schönen Ton meines Basses zu loben.
Bald darauf teilte mir ein Kollege von den Klarinetten, Heribert Eckert mit, dass es in seinem Nacken heftig zieht, wenn er vor mir, vor meinem Bass sitzend spielen muss.
Damals spielte ich noch Pirastro Saiten. Bei diesem Instrument ist es übrigens egal, welche Vorlieben der Spieler hat. Die Qualität lässt sich bei diesem Instrument durch nichts mindern.

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Eine weitere hervorragende Eigenschaft dieses Kontrabasses ist neben seiner Kraft, Klangschönheit, sowie der leichten Spielbarkeit, dass er sehr stabil ist. In 35 Jahren in Heidelberg mit dem ständigen Wechsel von Spielorten hat er nie geschwächelt, etwa durch Risse oder andere Macken. Zweimal war der Hals durch Fremdeinwirkung gelöst. Michael Schneider legt ihn seitdem nur auf dem Boden ab. Und vor allem durfte nie jemand anderes darauf spielen.

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Die Mensur lässt einen mit 113 cm vielleicht erschrecken. Ich habe mich daran sehr schnell gewöhnt. Ausserdem unterscheidet sich die Mensur so erheblich von kleineren Bässen, dass ich sagen kann, dass gerade der deutliche Unterschied zu meinem Viersaiter die Intonation sehr erleichtert. Als viel gravierender käme mir ein minimaler Unterschied zweier Instrumente vor.
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Der Bass hat eine klare D-Mensur. Der Rest erklärt sich dadurch von selbst.
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Vibrationsentdämpfung – die Alchemie in der Musik oder der Stein der Weisen ?

Es ist nun 30 Jahre her, dass ich von der  gehört Vibrationsentdämpfung gehört und gelesen habe. Wie andere auch dachte ich, dass man aus Mist kein Gold machen kann, bis mir dieses Verfahren zur Klangverbessserung und Anspracheoptimierung von einem Kollegen empfohlen wurde. Herr Gerigk aus Köln richtete meinen Fünfsaiter zunächst so her, dass alle Risse und offenen Stellen zu waren.

Mein Fünfsaiter ist der Bass den Herr Wilhelm, seinerzeit Solokontrabasssist der Berliner Philharmoniker in den dreissiger Jahren Sohn gekauft hat. Unser damaliger GMD Christian Süß kam im Orchestergraben einmal von seinem Podest gesprungen um mir mitzuteilen, was für einen phantastischen Ton mein Bass habe. Nur leider war die Ansprache nicht so gut, ich musste immer deutlich vorweg spielen, um im richtigen Moment präsent zu sein.

Nach der Vibrationsentdämpfung sprach mein Bass an wie eine Geige und tut dies auch heute noch.Gemeinsam mit Frau Professor Doris Geller von der Musikhochschule Mannheim und meiner Kollegin Isabel Schneider, Konzertmeisterin beim Philharmonischen Orchester Heidelberg haben wir in der Kammermusik bei einem Trio von William Sydeman im zweiten sehr schnellen Satz mehrere Kontrabässe ausprobiert. Mein Bass von Herrn Wilhelm war eindeutig der schnellste, sozusagen der Windhund unter den Bässen.

Meine inzwischen langjährige Erfahrung hat auch den Blick für Sinn und Unsinn dieses Verfahrens geschärft. Besonders alte Instrumente mit schwerer Ansprache sind bisher immer für diese Behandlung lohnenswert. Der Klang, der Charakter des Instruments wird dabei nicht verändert. Im schlechtesten Fall wird das Instrument durch alle Tonlagen ebenmässiger und ausgewogener.logo.png