Der Klang nach dem Klang. “ Mélange à Trois “ in der Evangelischen Bergkirche Schlierbach. Von der Magie eines schönen Tones.

Mélange à Trois in der Evangelischen Bergkirche Schlierbach. Im Querklang am Berghang öffnete das Trio eine musikalische Tür in die große weite Welt. Groß und weit ist das musikalische Spektrum dieses sehr, dieses äußerst sympathischen Ensembles. Es besticht mit fachlicher Könnerschaft und interaktivem, sehr kommunikativem Zusammenspiel, durch eine begnadete Musikalität, die dem Publikum keine Zeit zum Nachdenken lässt. Eine Überraschung überholt in jedem Moment die nächst folgende. Die Ohren haben keinen Moment die Möglichkeit sich auf auf ein Perpetuum Mobile einzustellen. Kleine und überraschende Aperçues werden eingestreut, percussive Elemente, da drängt sich der Kontrabass – gespielt von Wolfgang Mayé – ganz unprätentiös wie eine ad hoc heftige Meereswelle in das Geschehen, verebbt in den musikalischen Fortgang als wäre nichts gewesen. Und doch, es war plötzlich – mehrfach in diesem Konzert – da geschah ein kontrapunktischer Mittelpunkt, die Höhe der Oboe versank in den Tiefen der bassigen Sonorität. Die Klangfarbe des Kontrabasses war das Sedativum, der akustische Kontrapunkt zu den agilen Kaskaden der Oboe – gespielt von Ulrike Albeseder – die, ein Ereignis sondergleichen, in ihrer Expressivität dem Klang des Sopransaxophons von Jan Garbarek sehr nahe kam. Auch Herbie Man, der Jazzflötist kam in Erinnerung. Und jetzt: Wer war der Mann am Akkordeon? Nennen Sie einige Größen: nein, nein und nein. Es war Uwe Hanewald. Ihn, wie auch Ulrike Albeseder und Wolfgang Maye, unterscheidet von vielen Größen unserer von Festival und Wettbewerb deformierten Welt nur eines: Sie haben sich die Begeisterung und Liebe zu ihrem Tun expressiv bewahrt. Knallender Applaus in der Bergkirche, weiter so bis nach der dritten Zugabe fordert heraus ein Kompliment nicht nur an die Ursache – die Musiker – sondern auch an die Wirkung: Das Publikum.

Darf etwas leicht sein, das bisher schwer war ? Die scheinbare „Schwere“ des Kontrabasses und die mentalen Folgen.

Es gibt da diesen ganz dummen Witz von einem Bauern, der zum Leiter der Musikschule kommt und möchte dass sein Sohn ein Instrument lernt. Vom Klavier über Geige, es dauert dem Bauern alles viel zu lang. Am Ende schlägt dann der Musikschulleiter vor, dass der Sohn doch Kontrabass lernen soll, dann könne der Bauer seinen Sohn gleich wieder mitnehmen. Der Witz dieses Witzes ist, dass er schon längst wahr geworden ist.IMG_0301

Am Beispiel der Etüde Nummer 1 von Francois Rabbath aus seiner: Nouvelle Technique de la Contrebasse, kann jeder wenn er schon Noten lesen kann, innerhalb 1 Stunde in zwei Oktaven sich sicher bewegen – inklusive verschiedener Stricharten und Synkopen. Da Geschwindigkeit keine Hexerei ist, kommt diese mit der Zeit von selbst. Mit dieser Technik bekommt der Spieler die Länge des Griffbretts quasi in die linke Hand gelegt. Wenn dann das diatonische Spektrum von 13 Tönen in einer Hand nicht ausreicht, dann verschiebt man den Daumen in eine andere Lage und verdoppelt so seine Möglichkeiten mit einem „Quasi-Lagenwechsel“ auf 26 Töne.

Interessante Melodien auf mehr oder weniger einer Saite interessant zu präsentieren erfordert schon sehr viel Übung, quasi einen Virtuosen. Und die zweite Wahrheit dieses oben genannten Witzes ist, dass mit der Zeit jeder die Lagentechnik nach Franz Simandl durch die Rabbath Technik  geschenkt bekommt. Die unendlichen Meter an Etüden fallen weg. Bei François Rabbath ist alles auf vier Bände konzentriert. Mit Hilfe eines Lehrers fällt dann aber noch einmal die Hälfte weg, weil auch im Focus auf Kürze sich wiederholende Steigerungen liegen. Eigentlich lässt sich anhand der Etüde Nr. 1 das gesamte Kontrabass Spiel darstellen bis in die sechste Lage – nach Rabbath – also bis an das Ende des Griffbretts.

( François Rabbath, Nouvelle Technique de la Contrebasse, Vol.1,Leduc ).

Jedem Gitarristen ist dies bekannt, auch wenn er erst drei Akkorde kann. Dann ist das Lied zu tief zum Singen und er nimmt sich einen Kapotaster, schiebt diesen solange am Griffbrett aufwärts, bis er die richtige Tonlage erreicht und spielt dann die gleichen drei Akkorde. Nur erklingen sie in einer anderen Tonart. Nichts anderes mache ich beim Bass mit dieser “ Kapotaster-Technik„. Mein Kapotaster ist dann der Daumen.

Diese Technik hat schon Fernando Grillo perfekt entwickelt um in ganz tiefen Lagen eine „faule Freiheit“ zu gewinnen. Auch Edgar Meyer hat dies schon früh erkannt und virtuos in die Tat umgesetzt. In der Cello Welt ist dies schon lange eine Selbsverständlichkeit

Im Spiegel wurde Wladimir Putin sinngemäss der folgende Satz unterstellt: “ Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit. Und was notwendig ist, das bestimme ich.“

Das bestimmt in diesem Fall nicht die Tradition, das, was immer schon so war, sondern der Mut, den eigenen Kontinent aus den Augen zu verlieren um neue zu entdecken. ( Andre Gide )

Beim Dvorak Cello Konzert ist dies spätestens bei den langen und schnellen Arpeggio-Passagen längst eine sehr freiwillige Notwendigkeit geworden.