Lyrik-Kontra-Bass: Michael Schneider, der Solokontrabassist des Philharmonischen Orchesters Heidelberg – ein Switcher zwischen Barock, Free Jazz und Neuer Musik. Das ist auch ein Ergebnis seines Studiums der “ Rabbath Technik “ und der Entwicklung der “ Rabbath-Genssler „Saiten.

Alte Musik und die Rabbath Technik haben eines besonders gemeinsam: Es geht nicht um Töne, sondern um Klangfarben ( Rabbath: Timbre ). Und es geht um Freiheit. Die Freiheit, sich selbst auch einmal in Frage zu stellen, bzw. den Mut zu finden, ganz andere Wege zu gehen. Da sind die Herausforderungen durch Yordan Kamdzhalov und Felice Veranzoni die besten mir bekannten Protagonisten der experimentellen Extreme: so leise zu spielen, dass jeder Musiker herkömmlicher Denkart sich überflüssig fühlt und die Bereitschaft, im Konzert zu reagieren, anstatt im “ Geübten “ zu verharren. Beide haben das Philharmonische Orchester Heidelberg extrem provoziert, Yordan Kamdzhalov mit dem Ergebnis internationaler Anerkennung und Felice Venanzoni das Heidelberger Publikum in fasziniertes Erstaunen versetzt. Wie geht Michael Schneider damit um ? Hier sind zwei aktuelle Angebote: wir nennen es: Schön und vital, also so wie Michael Schneider die Zusammennarbeit mit Yordan Kamdzhalov und Felice Venanzoni liebt.

“ Winter in Schwetzingen 2014 “ – das Barockfest mit Niccolò Jommeli’s Barockoper unter der Leitung von Felice Venanzoni und dem Philharmonischen Orchester Heidelberg und einige Anmerkungen des Solokontrabassisten Michael Schneider.

Nikolaus Hanoncourt sagte kürzlich in einem Spiegel Interview: “ Gute Musik gibt es nur am Rande der Katastrophe „.
Das erzählte ich heute dem Dirigenten Felice Venanzoni, der daraufhin in Begeisterung ausbrach über ein Erlebnis mit dem Dirigenten Jean-Christophe Spinosi/strong>. Er erzählte, dass er als Cembalist mit einem Ensemble Orlando Furioso lange Zeit eingeübt habe. Dann habe Spinozi anderthalb Stunden an acht Takten gearbeitet. Die restlichen 3 Stunden wurden dann ad-hoc gespielt. Allerdings, wie er meinte mit äusserst gespitzten Ohren.
Dieser Mut zur Lücke ist uns Deutschen Musikern im allgemeinen etwas fremd, es verunsichert uns.
Michael Schneider jedoch, einst Strassenmusiker und Berufs Jazzer fühlt sich unter Felice Venanzoni wieder einmal wie im Paradies.
“ Spielen Sie nicht alles, spielen Sie was Sie wollen. Und wenn die Geigen zu langweilig spielen, dann treiben Sie ein bisschen, wie im Jazz. Machen Sie einfach Musik. “ So dieser Dirigent im Grob-Zitat. Nur weiss er dabei ganz genau was er will. Und was er nicht will: geradeaus und möglichst sicher und langweilig. Dann sagt er seine Meinung dazu sehr offen.
Im anstehenden Chor Konzert in der Peterskirche spiele ich mit meinem Kollegen am Kontrabass aus der gleichen Stimme. Trotzdem spielen wir völlig verschiedene Töne und Rhythmen, jeder auf seine Art improvisieren wir die Musik von Vivaldi und Bach.
Genau das, was wir Nordländer den Südländern vorwerfen: Schlampigkeit, Unzuverlässigkeit und so weiter, das wird hier in der Musik mit und durch Felice Venanzoni zu einem äusserst vitalen und virilen Klang Erlebnis.
Ich muss gestehen, auch ich bin überrascht. Sehr erfreut überrascht. Zunächst konnte ich es gar nicht glauben, dass es wirklich so gemeint war wie ich es jetzt praktiziere. Und ich merke plötzlich: auch Michael Schneider ist ein Deutscher.