Genssler Saiten treffen auf eine Stradivari, eine echte von unbezahlbarem Wert. Sie glauben es nicht ? Ich auch nicht.

Es begab sich zu der Zeit, als Michael Schneider wieder einmal den Hausmeister machen durfte in einem Ensemble, in dem er nur der Stellvertreter ist.
Ebenso und gleichfalls konzertierte der Geigenvirtuose Carol Vitez in eben diesen drei Konzerten als Gast.
Michael Schneider, Klangfetischist von Francois Rabbath’s Gnaden traute seinen Ohren nicht: Höre ich richtig?
Dieser Schmelz, diese musikalischen Amor-Pfeile mitten in das Herz und mehr noch in die Seele. Mit diesem Menschen will ich Musik machen.
Carol Vitez – kann nur ein ungarischer Name sein. Stimmt, seit mehr als drei Generationen Adel und Musiker in seinem Stammbaum. Mehr noch : ungarisches Pfeffer nach Bedarf.
Der schlechteste Bassist aller Zeiten und noch schlechtere Cellist, mit dem will dieser ungarische Virtuose konzertieren ?
Macht ja nichts, solange er das nicht merkt soll mir das recht sein.

Spass beiseite:
Ich hatte eine Stradivari und einen Magier der Musik, einen Ungarn neben mir, nicht nur im Ohr, ich sah, erlebte seinen musikalischen Körpergestus. Ich wusste: da will ich hin, mit dem, mit diesem Klang, dieser Musikalität will ich Musik machen. Musik machen ? Spinne ich? Machen?
Ich will diesen Klang, diese Musikalität zelebrieren.
Nun darf ich es.
Cello: von Matthias Kohl aus Heidelberg.
Saiten: von Gerold Genssler für mein Kohl Cello.
Im Dialog mit Carol Vitez und seiner Stradivari.
Fühle ich mich geehrt ?
Ich glaube: Ja, ich bin es.
Ein Maestro und seine Stradivari akzeptieren mich, mein Cello von Matthias Kohl und meine Genssler Saiten.

Michael Schneider, der Klangfetischist im Allgemeinen und im Besonderen auf dem Kontrabass und dem Violoncello. 5 Jahre Querklang am Berghang in Zusammenarbeit mit Gerold Genssler, Saitenmacher in Berlin. Zwei Konzerte in der Bergkirche Schlierbach am 20. und 22. Oktober 2017.

Zum fünfjährigen Bestehen der Reihe “ Querklang am Berghang “ hier einige Gedanken zum Klang, der dem Queren dieser Konzertreihe seinen Namen leiht. Neben den vielen musikalischen Experimenten in schier unzähligen Genres und “ Quer- “ Verbindungen ist die Bergkirche auch ein Versuchsfeld mit den Saiten von Gerold Genssler.
Oft, bei Improvisationen wie bei fordernden Avantgarde Kompositionen werden die Saiten arg strapaziert. In fünf Jahren hat Gerold Genssler seine Leidenschaft für Saiten bis zu den Golden Label Saiten für das Violoncello gesteigert. Michael Schneider musste dann aber feststellen, dass die A-Saite bei langanhaltender Bespielung nur zwei Monate überlebt. Wie in der Ballade von Michael Ende über den Seiltänzer Felix Fliegenbeil wollte er die A-Saite so dünn machen, dass zwischen dem Gold und dem Seil kein Raum mehr für abfedernde Polsterung war. Nach vorübergehendem Rückschlag hat er nun doch eine Lösung gefunden, die Michael Schneider in Kürze spielen darf.

Für das Violoncello gilt für Michael Schneider auf diesem weiten Feld der Suche nach dem “ Klang “ und dem breitgefächerten Repertoire der letzten Jahre:
1. Mit der Rabbath Technik entfällt das Drücken, ich spiele nur mit dem Armgewicht, muss also den Kontakt zur Saite nicht suchen sondern klebe daran.
Dadurch gehe ich mit der A-Saite auf knapp vier Millimeter Saitenabstand am Ende vom Griffbrett. Kaum ein Geigenbauer traut sich freiwillig die Saiten so tief zu legen, weil sie nur die andere Spielweise kennen.
2. Die Recitalbox. Sie verleiht dem Cello (ebenso der Gitarre und sogar dem Kontrabass ) einen langen Nachhall mit Entdämpfungseffekt. So habe ich in jedem Raum die Akustik wie in einer Kirche.
3. Das besondere Aufhängeseil für den Saitenhalter, eine Erfindung von Gerold Genssler. Inzwischen sind auch Bass und Geigenbauer davon begeistert und empfehlen es. Ausserdem geben sie es zum gleichen Preis weiter, den jeder auch bei Gerold bezahlen muss.
4. Lauffer Feinstimmwirbel lösen das bedrängt-verklemmte Stimmen mit den Feinstimmschrauben. Das ermöglicht auch die Aufhängung der Saiten in einer Schlaufe. Dadurch kommt die Saite auf der gleichen Ebene aus dem Saitenhalter wie das Aufhängeseil. Dadurch “ schwimmt “ der Saitenhalter quasi auf einer Ebene über den beiden Ausgängen von Saite und Saitenhalter. Die eklatante Klangsteigerung durch diese Veränderung konnten mir sogar meine Bass Kollegen im Orchester immer wieder bestätigen.
5. Die Saiten von Gerold Genssler. Ob ich drücke, das weiss ich nicht mehr. Die tiefe Saitenlage ist der eine Aspekt. Verlasse ich die Saite, so folgt sie dem Finger nur minimal nach oben. Die Genssler Saiten erlauben es mir, mich richtig gewaltig in die Saite zu legen obwohl sie kaum einen “ Drück-Widerstand “ hat.
Nach einem Konzert in der Toskana in diesem Sommer kam jemand aus dem Publikum und fragte mich, ob ich ein sehr altes Cello spiele, der Klang wie der kraftvolle Sound bewegten ihn zu dieser Frage. Ich fragte erstaunt zurück: sind Sie Musiker. Nein, ich habe das nur gehört.
Ich spiele einen Neubau aus dem Jahr 2016 von Matthias Kohl, Geigenbauer in Heidelberg.