Über Wert und Unwert !

Kürzlich fragte mich eine ehemalige Schülerin, ob ich ihr ihren schrecklichen Bass doch reparieren könne. Sie war bei einem namhaften Kontrabassbauer und Reparateur und der hielt ihren Bass für einen Fehlkauf und für einen hoffnungslosen Fall. Michael Schneider ist kein Kontrabassbauer, aber ein Reparateur. In erster Linie bin ich aber Musiker und sozusagen Handwerker. Und als solcher behaupte ich, dass der Wert eines Kontrabasses, beziehungsweise sein „Unwert“ von verschiedenen Standpunkten aus betrachtet werden sollte. Ich nehme einmal an, meine Erfahrung bestätigt dies, dass Geigenbauer Instrumente von ihrem Wert, beziehungsweise Verkaufs- oder Wiederverkaufswert aus betrachten. So bringt ein Bodenriss oder ein Deckenriss, oder noch schlimmer ein Stimmriss eine Wertminderung von bis zu 50 manchmal auch bis zu 100 %.

Wenn ich ein Instrument also als Wertanlage zu meiner Bereicherung betrachte, dann muss ich sehr wohl schauen auf die Anzahl der Risse und die Qualität des Instrumentes aus der Sicht eines Geigenbauers. Aus meiner Sicht ist ein Streichinstrument zunächst einmal nur eine Holzschachtel mit Saiten daran. Was ich davon erwarte, das hängt von meinen Ansprüchen ab. Mit einer einfachen, zusammen genagelten Holzkiste brauche ich mich bei den Philharmonikern in Berlin bestimmt nicht vorzustellen. Dieter Seiferling habe ich seinen Sperrholz Bass mit voller Holzdecke so eingerichtet, dass er schon seit langem besser klingt als mein teurer alter Antoniazzi Bass. Zumindest hört sich das in meinen Räumen so an. Im Konzertsaal weiß ich, dass es sich dann wieder sehr anders anhört. Wenn also der Marktwert eines Kontrabasses gleich Null ist, dann kann ich trotzdem für den Spieler das Instrument so herrichten, dass er sich mindestens wie ein kleiner Philharmoniker fühlt. Das sind bei Benutzung von Corelli, beziehungsweise Genssler Saiten und einer von mir sehr niedrig eingestellten Saitenlage, die das Spielen auf dem gesamten Griffbrett ermöglicht, alles Faktoren, die man mit dem Instrument nicht kauft, sondern sich nebenbei holen kann. Natürlich bewirken meine Bemühungen niemals, dass aus einem Kontrabass eine Stradivari Geige wird. Diese Schülerin, von der ich anfangs erzählte, die musste irgendwann einmal an dem Instrument Gefallen gefunden haben. Für mich muss ein Bass sehr ansprechend sein, in der Farbe, er muss einen Typen darstellen, denn meistens stehe ich ja alleine auf der Bühne. Und wenn ich mit den Heidelberger Philharmonikern auftrete, dann sitze ich mit meinem Bass vorne im Rampenlicht. Obige Schülerin will aber nur im Uniorchester oder in irgend einem anderen Hobbyorchester mitwirken. Da ihr irgendwas einmal optisch oder sonstiges an dem Instrument gefallen hat, wird er in dieser Hinsicht auch jetzt noch seine guten Dienste tun. Den Rest, den sie persönlich zum Spielen braucht, den holt sie sich jetzt bei mir. Wenn Sie dieses Instrument also nicht als Geldanlage gekauft hat, dann kann es durchaus noch passieren, dass dies ihr absolutes Lieblingsinstrument wird. Selbstverständlich nicht in finanzieller Hinsicht.

Aber auch für Kontrabässe gilt der uralte Spruch: jeder Topf findet auch seinen Deckel.