Johann Sebastian Bach trifft auf Francois Rabbath und der Franzose hat eine grandiose Idee. Die gefällt dem Musiker Michael Schneider sehr.

Gestern war Sonntag der 26.März 2017. Chorkonzert in Mosbach: “ Ein feste Burg ist unser Gott “ war das Motto dieses Konzertes. Gespielt wurde auch die Kantate gleichnamigen Titels, sowie die Orchester Ouvertüre D-Dur. Wieder einmal hat Michael Schneider nicht geübt. Heute hier, morgen da, so geht das bewegte Rentnerleben. Endlich Zeit zum Üben. Bach üben: täglich bis immer. Auch in Gedanken. Aber: für das Chorkonzert reicht die Zeit dann doch nicht so richtig. Michael Schneider ist fleissig – mit seiner nun anlaufenden Karriere beschäftigt, aber nicht mit einem Chorkonzert. Warum kann er sich das leisten?
Ganz einfach: die Rabbath Technik macht es möglich.
Die folgenden Beispiele meinen Fingersätzen versehen verdeutlichen die Idee einer völlig anderen, vom immer noch herkömmlich beliebten “ Simandl-Denken “ beeinflussten Spielweise.
Die dritte Lage nach Rabbath: der Daumen liegt auf der G-Saite auf dem D und wandert entsprechend der Melodik über die Saiten. Damit stehen dem Spieler 16 Töne zur Verfügung ohne dass er sich aus der Lage bewegen muss. Tonerhöhungen erfordern hier keinen Lagenwechsel, sondern nur die Veränderung eines Fingers um einen halben Ton höher oder tiefer, bzw. manchmal kommt auch der Daumen einen halben Ton höher oder wieder tiefer zum Einsatz.
Was bedeutet das für mich? Ich brauche keine Fingersätze. Jede Veränderung bedeutet nur eine Halbton-Veränderung, aber nie ein Lagenwechsel. Das heisst auch, dass ich diese Passagen nie üben muss. Auf herkömmliche Simandl-Art “ gespielt muss ich oft bis immer für einen halben Ton einen Lagenwechsel ausführen. Jahre später muss ich dann für diese Passage wieder Fingersätze suchen die ich vergessen habe.
Mit der Rabbath Technik erübrigt sich das phänomenal: es kostet mich einen “ Fingerschnipp “ weil ich gelernt habe in Tonschritten zu denken.
Damit verbunden ist für mich auch noch ein ganz anderes Phänomen:
Die Rabbath Technik ist auch die Entdeckung der Langsamkeit. ( Ich erinnere an den Roman von Sten Nadolny: “ Die Entdeckung der Langsamkeit “ ).
Filmaufnahmen mit Rabbath zeigen: je schneller er spielt, desto langsamer sieht es aus.
Mit der Simandl-Technik sieht es immer nach Arbeit aus, heftige Lagenwechsel, ständige Bewegung wegen eines Halbtones, ständig rauf und runter auf einer Saite. So lieben es die traditionell erzogenen Bassisten. Der ganz grosse Nachteil dieser Technik, dieser Spielweise ist: Je mehr Bewegung, desto hektischer die Optik ( ebenso wie die tatsächliche Bewegung ). Mit Rabbath, dem Pivot, der Kapotaster-Lagentechnik, dem Krabbengang sieht es aus wie nichts. Und das ist es dann auch: nichts, keine Arbeit, nur noch reine Spielfreude und die quasi auch noch vom Blatt.

Bach - Orchesterstellen Kantat 80 - Ouvertüre

Bach - Orchesterstellen Kantat 80 - Ouvertüre-1

Bach - Orchesterstellen Kantat 80 - Ouvertüre-2

Bach - Orchesterstellen Kantat 80 - Ouvertüre-3

Raum-Zeit-Bewegung – das Problem des Kontrabasses

Wenn ich wenig Zeit habe, dann habe ich es eilig. Bin gehetzt, ohne Ruhe und muss mich darauf konzentrieren, mein Pensum zu schaffen. So habe ich es viele Jahre lang auf dem Kontrabass erlebt und genauso auf dem Cello. Meine Bewunderung gilt den vielen Cellisten und Bassisten, die durch viel üben irgendwann an den Punkt kommen, dass sie aufwendig ihr Ziel erreichen. Francois Rabbath hatte die geniale Idee über dieses Raum-Zeit und Bewegung-Problem nachzudenken und hat schließlich eine Lösung gefunden. Auf dem Bass, wie auf dem Cello ( in der Dimension fast halbiert gegenüber dem Kontrabass ) haben wir einen großen Raum, große Bewegungen, oft aber wenig Zeit.

Wie soll, wie kann die rechte Bogenhand sich ruhig bewegen, wenn die linke Hand es eilig hat und immer zu wenig Zeit hat und sich hektisch dem Zeitdruck unterwerfen muss ?  Wie schaffen es Gitarristen wie Django Reinhardt oder Bireli Lagrene so wunderschön ihr Instrument zu beherrschen, da sie doch im herkömmlichen Sinn ihr Instrument nie gelernt haben ?

Rabbath hat für den Bass und das Cello die Antwort gefunden:

Wenn ich  in einer Lage quer über die Saiten wunderschöne Melodien hervorbringen kann, dann muss ich das nur in den entsprechenden anderen Tonarten, Tonlagen genauso machen.  Damit gewinnt der Spieler Zeit, denn wenn die Melodie nicht mehr auf einer Seite rauf und runter gespielt/ gehetzt werden muss, dann gewinnt er Zeit, der Raum wird klein, die Bewegung beschränkt auf die Veränderung im Fingersatz bezüglich der Halb- und Ganztonschritte.

So entsteht ein neues musikalisches Lebensgefühl: “ Tu auras l’habitude d’un virtuoso “ habe ich von Francois Rabbath gelernt. Frei übersetze ich das mit: Du wirst das Lebensgefühl eines Virtuosen haben. Dafür muss ich keine Wettbewerbe mehr gewinnen und benötige dafür keine Bescheinigungen.

Darüber hinaus erspart das Pivot viele unnötige und aufwendige Lagenwechsel. Das Pivot bezeichnet die Öffnung der linken Hand, der Daumen bleibt hinter dem Hals und die Hand wird durch Öffnung zu dem gewünschten Ton gebracht. So komme ich auf meinem Bass mit einer Mensur von 113 cm in der ersten Lage bequem vom As ( auf der G-Saite ) bis zum Cis.Ohne Lagenwechsel. Auf dem Cello komme ich auf der A-Saite ohne Lagenwechsel bequem bis zum G ( einen Ton unter der Oktave ).

Wenn ich auf der Gitarre ein Stück kann und es mit Hilfe eines Kapotasters in eine andere Tonart / Tonhöhe verschiebe, dann bleiben die Fingersätze und Tonabstände gleich. Das Lagenspiel mit dem Daumen quer über die Saiten macht aus dem Daumen also nur einen beweglichen Kapotaster.