Die Relation der Sichtweise auf das Veränderbare und das Unabänderliche. Eingefahrene Strukturen als Sicherheit für das Selbstwertgefühl in unsicheren Zeiten.

“ Da wo die Angst ist, da geht es lang “ sagen die Psychologen.
Ich habe aber keine Angst, weil ich da bleibe, wo ich bin. Dann verschliesse ich die Augen, ignoriere was um mich herum geschieht, habe meine Ruhe und kann weitermachen wie bisher.
Oder:
Ich habe eine vage Idee, dass alles auch ganz anders sein könnte.
Dann öffnet sich die Tür für Veränderung, dann habe ich die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten. Als Instrumentallehrer versuche ich nicht die Schüler von meiner Spielweise zu überzeugen, sondern ihnen eine weitere Möglichkeit anzubieten. Erst wenn sie beide Varianten beherrschen können sie sich entscheiden, welche sie verwenden möchten.
Das Unabänderliche verfestigt sich, wenn ich Veränderung nicht will. Dann bietet es ( vermeintliche ) Sicherheit auf die ich mich verlassen kann.
Will ich aber das Lebendige, dann bedeutet das Veränderung. Dann stelle ich Fragen. Dann stelle ich mich in Frage. Finde ich dann die Antwort darin, dass ich nichts verändern will, dann ist das eine Entscheidung die ich bewusst fälle. Grenze ich andere Möglichkeiten aus, dann bleibe ich bei dem mir Vertrauten ohne es zu hinterfragen, eine Alternative fehlt.
So berufen sich viele meiner ehemaligen Kontrabass Kollegen auf den Witz über Bassisten: Ein Bassist spielt immer nur einen Ton, während die anderen das Griffbrett rauf und runter turnen. Gefragt, was er da mache antwortet er: ich habe den Ton gefunden, die anderen suchen noch.
Ein banal-trivialer Witz und gar nicht witzig. Aber eine Mentalitätsdiagnose.
Diagnostiziert wird hier eine geistige Monokultur die sich in Ablehnung alles anderen manifestiert.
Eugen Lemberg ( Soziologe mit Schwerpunkt Nationalismus ) hat schon vor 50 Jahren erkannt und formuliert: Der Selbstwert einer Gruppe definiert sich auch durch Ablehnung des Andersartigen – also durch Bestätigung des eigenen Selbstwertgefühls durch Ablehnung anderer. Dazu braucht es Sündenböcke, Schuldige, Abweichler und die Distanzierung von ihnen.
Dieser heimliche Gruppenzwang drängt alle in die Konformität. Jeder Mensch will irgendwo und irgendwie dazugehören.

Im Philharmonischen Orchester Heidelberg hat der ehemalige Solokontrabassist in den letzten vier Jahren nicht mehr dazu gehört. Er hat sich für die Menschlichkeit entschieden und damit gegen den Gruppenzwang. Der Faschismus des gesamten Orchesters und Theaters lief ab nach dem Schema der “ Nashörner “ von Eugene Ionesco, der “ Welle “ oder “ Dogville „, einem menschlichen Katastrophenfilm mit Nicole Kidman.

Heidelberger Faschismus am Theater und Orchester mit Holger Schultze und dem Philharmonischen Orchester.

Michael Schneider, der Laie in Faschismus Fragen wundert sich heute noch darüber, wie einfach und klar faschistoides Denken funktioniert.
Es war Anno 2012, eine öffentliche Generalprobe des Philharmonischen Orchesters Heidelberg mit seinem GMD Yordan Kamdzhalov.
Die Solobratscherin Marianne Venzago lästert öffentlich gegen den GMD. Irgendwann reicht es Michael Schneider, Solokontrabassist des Philharmonischen Orchesters.
Er ruft laut dazwischen, dass es nun genug sei, der Ton mache die Musik. Auch bei Marianne Venzago.
Reaktion? Ganz anders als normal? Denkt zumindest der gesunde ( ? ) Menschenverstand von Michael Schneider.
Der quasi Vorgesetzte, zumindest vorgeordnete Kontrabassist von Thomas Acker, damals noch Orchestervorstand, rügte mich daraufhin.
Michael Schneider dürfe vor Öffentlichkeit so nicht reden.
Erkennen Sie diese “ Denke „: wir (die Faschisten ? ) dürfen alles, aber dich beobachten wir sehr genau und haben immer ein offenes Ohr und Auge für deine “ Fehler „.
Na ja, die Folgen und die folgenden Mobbing-Jahre kann sich der Leser denken.
Faschismus in Deutschland ist Geschichte (!) denken wir.
Michael Schneider hat in der Folge den dann extra für den Rausschmiss von Yordan Kamdzhalov gewählten Orchestervorstand als quasi Nazi-Schlägertrupp bezeichnet.
Ein empörter Anruf eines Orchestervorstands folgte. Michael Schneider ergänzte den Vorwurf dahingehend: auf eurer To-Do-Liste fehlt nur noch der Todschlag.
Danach hatte sich weiterer Gesprächsbedarf erledigt.
Das ganze Prozedere wurde meinerseits noch verfeinert durch die von mir favorisierte Rabbath Technik. Die permanente Infragestellung meines Stellvertreters ( und Orchestervorstands ) durch easy-going lazy-eloquent Spieltechnik ist a priori eine Provokation. Und dann leistet sich der Solokontrabassist als Vorgesetzter seines Stellvertreters Thomas Acker auch noch die Liebe zu einem Yordan Kamdzhalov als seinem Verkünder des musikalischen Paradieses.
No Go Area für Thomas Acker und Gleichgesinnte.
Michael Schneider will keineswegs recht haben.
Faschismus steht für Michael Schneider für den Umgang mit anderen, besonders den anders Denkenden.
Das gesamte Theater und Orchester ( bis auf ganz wenige Ausnahmen ) hat sich nach dem Ionesco-Nashorn Prinzip verhalten.
Ionescos “ Nashörner „, mein Theater-Favorit:
Es entwickelt sich eine Mehrheit. Immer mehr folgen der wachsenden Mehrheit. Nur einer nicht. Der Haupt-Protagonist bleibt bei sich. Schlurig, verpennt, vielleicht ein Verlierer. Er leistet sich trotzdem den Luxus bei sich und damit vermutlich auch einsam, zumindest allein zu bleiben.
Michael Schneider gratuliert Yordan Kamdzhalov zu seiner liebevollen Einzigartigkeit für die Musik und die Menschen.