Flüchtlingshilfe einmal luftig und leicht. Deutschunterricht mit Musik. Sprache durch Strophen lernen. Der Profi zu Besuch im PHV Heidelberg.

Viele Jahre hat Michael Schneider seinen Kindern Lieder zum Einschlafen gesungen. Einfache Kinderlieder von Hans Spielmann. Und da war ein Wecklied: “ Wer nur den lieben langen Tag ohne Plag ohne Arbeit vertändelt ……… “ ( Merken Sie sich das Wort “ vertändelt „, es wird in der Folge eine wichtige Rolle spielen ). Das Lied stammt von Professor Jens Rohwer.
An das Wecklied haben sich meine Kinder, so gegen Ende ihrer Pubertät, plötzlich wieder erinnert und wollen es immer mal wieder hören.
Ebenso steht ein wunderbares Kinderlied von Hans Spielmann immer noch auf Platz eins der Erinnerung: “ Der Eber sagt zu seiner Frau………. „
Nach einem Jahr mit den Djemben-Gambianern in Sinsheim bringe ich meine Musik zu den UMA’s im PHV Heidelberg.
Bis letzte Woche ging es um Deutschunterricht in zwei Etappen: Deutsch und Musik.
Diese Woche waren aber keine Deutschleherinnen dabei. Michael Schneider war der Lehrer, assistiert von Marlene, einer jungen Praktikantin.
Die Vorahnung dieser Situation brachte meine Gitarre mit und ein Sommer Liederbuch aus einem Walldorf Kindergarten.
Michael Schneider denkt: jetzt will ich es wissen. Wir lernen Deutsch mit “ Trarira, der Sommer der ist da“.
Ergo: Text an die Tafel geschrieben – alle schreiben den Text ab. Wir üben die Aussprache. Alle zusammen, laut und gerne falsch, aber gemeinsam. Das verstehen sie gut. Animation für Mut kommt von vorne, vom Lehrer. Jetzt die Melodie, das geht ruckzuck. Kinderlieder und einfache Melodien gibt es auf der ganzen Welt, in Syrien, Gambia, Somalia, Afghanistan. Strahlende Gesichter. Immer wieder muss jeder, jede einzelne sich vor den anderen “ blamieren „. Das tun sie natürlich nicht, es geht um den Mut sich darauf einzulassen. Alle Variationen nähern sie an den Mut und die Lust, gemeinsam durch Musik und Sprache die Leichtigkeit der Lust an etwas Neuem zu erfahren.

Der Refrain: “ Trarira……. “ kommt vor und nach jeder Strophe. Gemeinsam – inzwischen perfekt und deutlich – alle den Refrain. Einzeln darf ( muss ? ) jeder und jede sich vor der Tafel um einen ad hoc neuen Text auf Deutsch lesend um Aussprache und Sprachrhythmus bemühen.
In diesem Zusammenhang ersetze ich jetzt das Wort “ vertändelt “ durch einige Worte aus den Strophen: gekommen, zerronnen, Hecke, necken.
Michael Schneider hat immer noch Probleme, sich die Namen der vielen und wechselnden Menschen zu merken. Aber diese jungen Pubertisten sollen sich die eben genannten Worte merken und auch noch verstehen ?
Michael Schneider ist begeistert:
Zwischenbemerkung um 11.30 Uhr: Wollen wir noch Musik machen? Nein, weiter Deutschunterricht entscheidet eine junge Frau aus Somalia, alle stimmen zu. Gut, jetzt das Alphabet. Zu jedem Buchstaben sollen sie Begriffe mit dem entsprechenden Anfangsbuchstaben finden.
G? Gekommen – sagt jemand.
H? Hecke ein anderer.
N? Necken…….
Z ? Aber hallo, Sie ahnen es: da kommt tatsächlich das Wort : zerronnen.
Bei S ist erst mal Schweigen. Jetzt macht Michael Schneider auch mit: Somalia.
Das war ein Vormittag der hat mich mit der grossen Politik versöhnt. Dabei weiss ich: das nächste Jammertal in der Nähe der Tränen wartet schon vor der Tür. Sie alle werden demnächst/irgendwann verteilt an andere Orte. Drei Wochen – eine annähernd konstante Gruppe – schafft schon viele Glückshormone auf beiden Seiten, Vertrauen entsteht. Wie in einem Zeitraffer wird allen hier das Ephemère des Lebens vor die Gefühle geführt. Aber wir alle leben, ich sah nur strahlende Gesichter und Gefühle.
Ein Suchtfaktor zum Schluss: Am Ende des Vormittags bilden wir einen Kreis, bedanken uns für uns und das Geschenk der gemeinsamen Zeit.
Der Dank für das “ Fliegende Klassenzimmer “ des DRK Rhein Neckar geht an alle die sich diesen “ ewigen “ Trennungsschmerz so lustvoll antun.

Trarira, der Sommer der ist da!
Wir woll’n hinaus in Garten und woll’n des Sommers warten!
Wir woll’n hinter die Hecken und woll’n den Sommer wecken!
Der Winter ist zerronnen, der Sommer hat begonnen!