Die erträgliche Leichtigkeit des Seins ……..

………….beginnt dort, wo es tatsächlich noch leichter wird. Also rede ich vermutlich von einem weissen Schimmel.
Keineswegs, Gerold Genssler sorgt schon wieder für eine Überraschung.
Meinem Publikum erzähle ich immer wieder die Geschichte vom Seiltänzer Felix Fliegenbeil, eine Ballade von Michael Ende.
Dem ist sein Seil viel zu dick. Er möchte sich selber bemeistern
und übt auf einem immer dünneren Seil zu balancieren. Bis er gar nichts mehr unter sich hat. Nachdem ich meinem Publikum diese Ballade in Kürze dargestellt habe, komme ich zu meinem Cellobogen, mit dem ich den Kontrabass bearbeite.
Dann erkläre ich meinen Zuhörern, dass ich demnächst die gleiche Kraft und Lautstärke mit einem Geigenbogen herstellen möchte,
um am Ende ganz ohne Bogen alles genauso virtuos spielen zu können wie mit einem dicken Kontrabassbogen.
Soweit das Märchen und die Ballade.
Nun habe ich schon oft erwähnt, dass die „Rabbath“ Saiten von Gerold Genssler zehn Kilo weniger Zug haben als übliche andere Saiten.
Und nun Gerold Genssler im Originalton:
„Lieber Michael
ich habe das Innenleben komplett überarbeitet, sodass die Saiten jetzt mit noch weniger Zug auskommen. Sie haben 17kp.
Bespinnungstechnik/Material ist wie beim alten RABBATH.
Francois ist wie verrückt. Er übt den ganzen Tag damit, muß seinen Bogendruck nochmals verringern. Findet sie aber vielversprechend.
Ist eben ein Prozeß…
Viel Spaß beim Verändern!!! 🙂 „

Genssler Saiten, die musikalische Freiheit und die Ballade vom Seiltänzer Felix Fliegenbeil.

Fünf Jahre Genssler Saiten, gespielt mit einem Cellobogen. Leichte und schnelle Ansprache, satter sonor-seidener Bass Klang.

Baustellenstau und Verkehrschaos in Heidelberg machen es möglich: ich habe keine Zeit meinen eigenen Bass mit zur Aushilfe in einem anderen Orchester mit zu nehmen. Also spiele ich mit der üblich hohen Saitenlage und Pirastro Saiten auf einem mir fremden Bass. Es geht spielend leicht. Es wird zu einer lustvollen Herausforderung, mit dieser Saitenlage  und mit diesen Saiten einen mir vertraut schönen Ton hervorzubringen. Und es gelingt. Es geht mir wie dem Seiltänzer Felix Fliegenbeil in der Ballade von Michael Ende.

Auf dem Weg zur Virtuosität entwickelt Felix Fliegenbeil die Fertigkeit, auf einem immer dünneren Seil zu tanzen, bis er am Ende so virtuos sich bewegen kann, dass er gar kein Seil mehr benötigt.

So war meine letzte Begegnung mit einem anderen Bass, einer anderen Saiten Einrichtung und Pirastro Saiten. Keine Polemik, sondern die reine Wahrheit. Ein wenig Fremdeln war auch nach der zweiten Probe noch vorhanden, aber es überwiegte das Erstaunen über die Leichtigkeit nach meinem Umweg über die noch leichtere Variante: Die unerträgliche Leichtigkeit der Genssler Saiten führt zur Leichtigkeit im Umgang mit Pirastro Saiten.

Hier die dazugehörige Ballade von Michael Ende:

Die Ballade vom Seiltänzer Felix Fliegenbeil

Es war ein Tänzer auf dem Seil
mit Namen Felix Fliegenbeil.
Der größte aller Zeiten.
Das kann man nicht bestreiten.
Ihm lag nicht viel an Gut und Geld,
nichts an der Menge Gunst.
Ihm ging`s nicht um den Ruhm der Welt,
ihm ging es um die Kunst.

Schon in der Seiltänzerschule war
er bald der Beste in der Schar.
Und als ein Jahr vorüber,
war er dem Lehrer über.
Da sagte der in mildem Ton :
„Du Wunderkind, ade !
Ich kann dich nichts mehr lehren, Sohn,
drum geh´ mit Gott – doch geh´!“

So zog er in die Welt hinaus,
wohin er kam , erscholl Applaus.
Die ganze Welt bereist´ er
und suchte seinen Meister.
Doch keiner tanzte so genial
die Sprünge des Balletts
hoch droben auf dem Seil aus Stahl
und immer ohne Netz !

Da er den Meister nirgends fand,
beschloss er endlich kurzerhand,
statt andre zu begeistern
sich selber zu bemeistern.
„Mein Tanz“, sprach Felix Fliegenbeil,
„ist noch kein Meisterstück.
Zwar kann ich alles auf dem Seil,
doch ist das Seil zu dick!“

Drum spannte er von Haus zu Haus
nun einen Draht anstatt des Taus
und übte, drauf zu springen.
Das sollte bald gelingen.
Dann nahm er einen dünnern Draht
und einen dünnsten noch –
Es dauerte zwei Jahre grad,
dann konnte er´s jedoch.

Und schließlich kam das siebte Jahr,
da tanzte er auf einem Haar,
gespannt von Turm zu Turme.
Dort schritt er hin im Sturme.
Das Publikum sah schweigend zu
und hielt die Hüte fest.
Dann aber kam der letzte Clou,
der sich kaum glauben lässt:

Denn eines Tags um acht Uhr früh,
da spannt er nichts mehr zwischen sie :
Er tanzte auf der Leere,
als ob dort etwas wäre !
Hoch überm Abgrund ging er zwar
mit leichtem Tänzerschritt.
Doch weil er ohne Halt nun war,
nahm ihn ein Windstoß mit.

Wer weiß, wohin der Wind ihn trieb ?
Ein Astronom allein beschrieb,
was er im Fernrohr schaute
im Sternbild Argonaute :
Es sei, sprach er, gewiss kein Traum,
er habe ihn gesehn,
von Stern zu Stern im Himmelsraum
wie einen Tänzer gehn.
Michael Ende